06.12.2016 Die Plätzkes der frühen Jahre. Oberhausen backt an. Schule mal anders.

Ruhrschule Lickenberg 28
Plätzkes backen .. so ging früher zur Vorweihnachtszeit Schule in Obberhausen.
(Ein Text von Beate Wagner)

1970 bin ich eingeschult worden. In die Ruhrschule. Rein äußerlich hat sie sich in den Jahren kaum verändert. Alles andere jedoch schon.

Ich habe unseren Klassenraum als sehr dunkel in Erinnerung. Wir waren mehr als 30 Schüler in der Klasse und unsere Tische standen in Reihen - nicht in Gruppen. Unsere Lehrerin war ein "Fräulein" und außer an ihren Dutt habe ich keine Erinnerung mehr an sie.

Aber dann, in der 2. Klasse, wurde alles anders. Wir bekamen einen Lehrer! Den Herrn Lankes. Er war nicht nur Lehrer, er war auch Vollblut-Musiker. 

In unserem Klassenraum stand ein Klavier und jeder Schultag begann und endete mit einem Lied. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass der Lehrer Lankes jemals schlechte Laune hatte. Auch heute, wenn ich ihn treffe - er ist inzwischen über 80 - hat er immer noch sein harmonisches 'LaLa', sein "Lankes-Lachen", im strahlenden Musiker-Gesicht.

Das schönste Ereignis war jedoch immer in der Adventszeit. Wir haben in der Schule Plätzchen gebacken. Nicht in einer gut ausgestatteten Küche, nein, mitten im Klassenraum. Jeder bekam den Auftrag etwas mitzubringen: Mehl, Zucker, Butter, Kochlöffel, Schüssel, Nudelholz und ein Backblech! 

Am vereinbarten Tag waren auch tatsächlich alle Dinge da! Und niemand hat gefragt "sind die Kekse auch Ei frei" oder "macht ihr denn überhaupt nix Veganes?" Und vor allem, die heute so wichtige Frage: "Wurde beim Einkauf und Transport auch um Gotteswillen die Kühlkette nicht unterbrochen?" 

… wir haben einfach nur Teig gerührt und den mit Schmackes und Spaß heftig geknetet. Ohne Rücksicht auf Allergien und Hygienevorschriften. Und ganz sicher mit nicht ganz so sauberen Händen. Nebenher wurde aus glasklaren Kinder-Kehlen unter Klavierbegleitung von Lehrer Lankes vorweihnachtlich gesungen. Klaro, dadurch mussten die "Plätzkes" einfach noch besser werden!!!

Das Lied von der 'Weihnachtsbäckerei' gab es damals noch nicht. Aber "Fröhöliche Weihnacht überall"! In diesem Lied war zumindest von Weihnachtsduft die Rede. … und das Klavier klang und lächelte auch ein wenig weihnachtlich; denn es hatte überall Mehlspuren von all den backenden und geschäftig wuselnden Kinderhänden.

Mir war es immer wichtig, eine derjenigen zu sein, die ein Backblech mitbringen durften. Denn ich hatte einen relativ weiten Schulweg, und wer ein Backblech mitbrachte, wurde nach der Schule von Herrn Lankes persönlich in seinem privaten Auto (ohne Kindersitz versteht sich) nach Hause gefahren. 

In der Schule selbst gab es nämlich keinen Backofen. Die Plätzchen lagen also bis Schulschluss, ohne Kühlung im Klassenraum (ohne Kühlung!!). Danach saßen wir mit dem Blech au'm Schoß in Lankes Auto und Mama hat die Plätzkes dann zu Hause ausgebacken.

Am nächsten Tag brachten wir die fertigen Kekse wieder mit in die Schule. In der Frühstückspause gab es neben Kakao und Milch nun auch Weihnachtsplätzchen - selbst gemachte & selbst gebackene Weihnachtsplätzkes (na ja, eigentlich von Mudder gebacken). 

Und wir waren uns alle sicher: 
Das waren wieder einmal die zwei besten Schultage des ganzen Jahres!