31.05.2015 Helvete ... die einzig wirkliche Hölle im Ruhrgebiet speit - wie früher die Hochöfen - in Oberhausen ihr Metal aus ...

Helvete Friedrich-Karl-Straße Nähe Marktstraße
Heute mal wieder ein Gastbeitrag; und zwar von JANA WAGNER, die eine paradoxe Feststellung gemacht hat. Es gibt nicht nur den berühmten, sprichwörtlichen "Wolf im Schafspelz" sondern es gibt auch sein Gegenteil, das "Schaf im Wolfspelz"Jedenfalls in Oberhausen und vielleicht sogar auch nur in Oberhausen. Doch wie ist das zu verstehen? Ihr wollt es wissen?? Dann lest selbst:

Das Helvete ist der größte Metal Club im Ruhrgebiet. Drei Etagen, 800qm Rock und Metal. Doch was hinter den Türen passiert, wissen nur die wenigen, die sich in die Welt der langhaarigen Bartträger trauen. 

Freitag Abend. 21 Uhr. Oberhausener Innenstadt. Eine große rote Holztür. Darüber prangt ein Banner: „Helvete“ & „Metal & Rock Pub, Club, Live Stage“. Daneben das Logo des Clubs: Ne nackte Frau mit Teufelshörnern, roten Lackstiefeln und Teufelsschwanz. Allet nu'ma' nich' besonders einladend. Doch irgendwas zieht trotzdem Wochenende für Wochenende ne Menge Menschen an diesen Ort. Auch die, die jetzt gerade hier zu sehen sind, machen eher einen weniger einladenden Eindruck. Schwarz gekleidete „langhaarige Bombenleger“, wie meine Mutter sie nennen würde. Hinter der roten Türe: Schummerlicht. Auf den Tischen Kerzen, die Wachstropfen wie Rotznasen auf den Schnapsflaschen-Kerzenständer hinterlassen. Oben an der Decke ein hölzernes Pentagramm. Hinter der Bar eine dämonisch aussehende Figur. 

Neben der Tür ein Barhocker. Auf dem Barhocker ein Mann mit Lederweste. Auf der Lederweste ein Namensschild: „HENNER“. Eine Begrüßung. Ein Handschlag. Eine Umarmung. Keine Spur von anonymer Türsteher-Begrüßung. Im Gegenteil: Herzlichkeit von der ersten Minute an. Die hereinkommenden Gäste bleiben alle 'ne Weile bei Henner stehen. Reden, gestikulieren, lachen zusammen, bevor sie ihre Verzehrkarte bekommen und den Laden betreten. Fragt man nach dem Türsteher, bekommt man Statements wie dieses zu hören; "Das Helvete ist für mich: HENNER. Ohne ihn wäre das hier alles nichts." Jeder kennt ihn. Jeder liebt ihn. 

Soll das also das wahre Gesicht des Metals sein? Sind die verzerrten Gitarren, die lauten Bässe, die dunklen Klamotten und geschminkten Gesichter letztendlich doch nur Fassade? Versteckt sich hinter der Maske des bösen Wolfs doch nur ein liebes, ja liebenswertes Schaf

Und genau dieser Eindruck bleibt haften, wenn man sich mit Jasmina unterhält. Seit ca. zweieinhalb Jahren arbeitet sie nun schon im größten Metal Club der Umgebung. Hinter der Bar im Pub auf einer der drei Etagen, hat sie schon viel gesehen. „Ich wollte eigentlich nie im Service arbeiten“, erzählt sie. „Ich hatte immer Angst, dass die Kunden sofort sauer werden wenn ich mal einen Fehler mache. Aber hier ist das nicht so. Klar bekommt man schon mal 'nen blöden Spruch reingedrückt. Aber dann geb ich einen zurück, man lacht drüber und trinkt zusammen. Hier ist alles lockerer“

Aus den Boxen dröhnt Musik. Ein neuer Take hat begonnen und plötzlich lassen die Gäste alles stehen und liegen „Brothers everywhere“, alle Arme bewegen sich nach oben. „Raise your hands into the air“. Der angewinkelte Arm, die Faust in der Ellbeuge des anderen. „We're warriors, warriors of the world“. Der Song, der alle Menschen im Raum miteinander verbindet

Plötzlich hört man draußen vor der Tür lautes Stimmengewirr. Ein lautstarker Streit. Nicht zwischen Kunden, sondern zwischen zwei Fremden, die wohl zufällig auf der Straße sind und nachdem sie sich einige Zeit angebrüllt haben sogar aufeinander losgehen. Als einer von ihnen zu Boden geht und sichtlich verletzt ist, macht der andere sich aus dem Staub. Sofort reagieren die Gäste und Mitarbeiter im Helvete. Bringen Eis und Wasser. Laden den Verletzten nach drinnen ein. Und der, ... der kann es kaum glauben. „Ich hätte nie gedacht, dass die Menschen hier so nett sind. Man hört so viel schlechtes.“ 

Das sehen wohl viele der Menschen in der Umgebung so, daher bleiben die Metaller im Helvete meistens unter sich. Doch das stört hier niemanden. Die Stimmung ist ausgelassen, freundlich, beinahe familiär. Und das trotz der Tatsache, dass hier altersmäßig von 17 bis 70 ungefähr alles vertreten ist. Alle trinken und lachen ... und ... tanzen nicht? Stand an der Tür nicht das Wort Club? Ja, vom Pub aus kommt man über die Treppe nach unten in die Tiki Bar. Auf dem Weg nach unten scheint es, als würde man wieder einen anderen Laden betreten. Das erste was einem entgegen schwallt ist der Geruch von Schweiß und Bier. Die Treppe ist klebrig von verschütteten Getränken, was aber vielleicht bei dem Alkoholkonsum hier nicht schlimm ist, denn umfallen ist fast unmöglich. Das Licht wird dunkler, die Musik lauter. Und dann, unten angekommen, Haare. Durch die Luft wirbelnde, lange Haare. Köpfe die sich im Takt der Musik auf und ab und im Kreis herum bewegen, Männer, die ihre Haare durch die Luft schleudern. Haare. Überall

Mitten auf der Tanzfläche sieht man zwischen den schwarz gekleideten Metallern eine Gruppe junger Frauen. Blond, hübsch, gekleidet wie sich junge Frauen eben kleiden, wenn sie ausgehen. Sie leuchten förmlich in ihren weißen Oberteilen und heben sich deutlich von den andern Besuchern des Clubs ab. Nicht gerade der Typ, den man hier erwartet. Doch Melanie, Julia und ihre Freundinnen sind gerne hier. „Hier kommt niemand zu mir an und fragt direkt 'Gehn wir zu dir oder zu mir?'“, sagt Julia. Die Atmosphäre sei einfach angenehmer als in normalen Großraumdiskotheken. Melanie ist heute zum ersten Mal hier. „Ich hatte echt Angst so als Normalsterblicher hier hin zu kommen“, gibt sie zu. „Ich dachte alle würden uns blöd angucken. Aber das ist nicht so. Wir stehen schon den ganzen Abend auf der Tanzfläche und haben unseren Spaß.“ 

Gregor Woitzik ist der Besitzer des Clubs. Seit nunmehr sieben Jahren öffnet er an den Wochenenden seine Türen für Metaller und Rocker, die ihn als „Predi“ kennen. Seine Gäste kommen nicht nur aus Oberhausen und Umgebung, sondern aus dem ganzen Ruhrgebiet; aus ganz Deutschland, und sogar aus dem Ausland. „Wir hatten einmal einen Spanier hier, der war wohl im Urlaub im Ruhrgebiet und hat zufällig unser Schild gelesen“, erzählt Jasmina. Das ungewöhnliche Konzept kommt gut an. „Auf dem Land gibt es sowas einfach nicht. Da ist es immer ein Highlight, wenn ich herkomme“, erzählt Sarah, die momentan zu Besuch im Ruhrgebiet ist und eigentlich aus Baden-Württemberg kommt. In der näheren Umgebung um das Helvete gibt es mehrere Clubs, die einzelne Räume oder einzelne Abende im Monat dem Rock und Metal widmen oder kleinere Kneipen, die sich der härteren Musik verschrieben haben, doch als reiner Heavy Club ist es im Umkreis von ca. 300 km einzigartig. 

Einzigartig ist auch die Art und Weise wie Metaller hier feiern und auch zu ihren kleinen und großen Musiksünden stehen. So lockt das Helvete Besucher mit Specials wie einer Schaumparty oder Mottoabenden wie der Bravohits-Nacht und der monatlich stattfindenden Karaoke-Party. Nirgendwo sonst sieht man langhaarige, bärtige Männer in Bandshirts, die auf der Bühne stehen und Songs von den Spice Girls singen. Die Idee funktioniert. „Natürlich kann ein Metaller auch auf Sarah Connor abgehen!“ 

24 Uhr. Im Keller, dem Raum neben der Tiki Bar, ist das Konzert zu Ende. Die Massen strömen raus. Zur Toilette, an die frische Luft und natürlich zum Bier. Und dann kommt die Band. Männer mit langen schwarzen Haaren, schwarz-weiße Schminke im Gesicht, besprenkelt mit Kunstblut. Böse starren sie geradeaus, auf ihrem Weg zum DJ-Pult, hinter dem sich der Eingang zum Backstage-Bereich befindet. Kurz vor der Tür dreht einer der Männer abrupt um und geht zur Bar. „Tschuldigung“, sagt er leise zur Barkeeperin, „Kann ich vielleicht ein Bier haben? Und hast du zufällig Abschminktücher dabei?“ 

Ich sitze daneben, an der Bar und unterhalte mich mit meinen neu gewonnenen Freunden. Da entdeckt Julia jemanden ganz am anderen Ende der Bar. Zusammengesunken hängt er über dem Tresen, starrt nach unten und ... er weint in sein Bierglas. „Der Typ hat mich den ganzen Abend angebaggert und jetzt sitzt er da und heult nach meiner Abfuhr. Der weiche Kern im harten Metaller.“ Und genau das scheint es zu sein. Das Sinnbild für ein wirkliches Schaf im Wolfspelz. 

Als Barkeeperin hat Jasmina solche Szenen schon oft erlebt. „Man kann sich gar nicht vorstellen, wie sensibel die meisten Männer hier sind. Und exakt dem Klischee der Bardame entsprechend wische ich die Theke ab, während mir die Männer hier von ihren Sorgen erzählen.“ 
Es wird klar, über den Metal gibt es Vorurteile wie über jede andere Gruppierung. Doch was davon stimmt oder nicht, kann nur der herausfinden, der sich hinein traut in die Welt des schwarzen bösen Wolfs.

30.05.2015 St. Antonius Kirche ... wir wollen das Positive auch im Negativen sehen. Und das Gute und das Geistvolle im Alltag wieder entdecken und leben.



Kirchenfenster in St. Antonius Alstaden,  oben ev. Kirche in Alstaden


Wer braucht das schon? ... beständig die Nachricht: 
  • dass bereits 40.000 Flüchtlinge in Italien angelandet sind, 
  • dass im asiatischen Raum Flüchtlinge von Myanmar nicht aufgenommen werden, 
  • dass in Bagdad mal wieder ein Selbstmordattentäter viele Menschen mit sich in den Tod gerissen hat, 
  • dass in Kenia gemordet, geraubt und gemetzelt wird, 
  • dass Steinmeyer unsere Steuergelder auf den vielen seiner unnützen, politischen Konsultationen ver- und zer-reist ... 
  • dass Putin einem gewissen Wellmann die Einreise verwehrt 
... wer von uns will diesen ganzen Mist Tag für Tag lesen, hören sehen?? Mir reicht's!!


Was wir brauchen ist: Einkehr, Stille, BeGeistung und BeGeisterung. 


Und genau das gab es Gestern in der St. Antonius-Kirche im Rahmen der "Nacht der offenen Kirchen Oberhausen"
  • Dort wurde den ganzen Abend dem Leben das Positive abgewonnen. 
  • Dort wurde über die Geschichte der Kirchenfenster und die in diesen dargestellten christlichen Geschichten & den Glauben profund erzählt. 
  • Dort wurde ein Film von Jugendlichen über Jugendliche für Jugendliche und Erwachsene gezeigt, der sich mit den verschiedenen Facetten des Geistes, der Erklärung des Heiligen Geistes und seiner Bedeutung für uns, die wir in der Hektik des Tages geistlos und an den oben schon dargelegten üblen Nachrichten irre werden! Dort wurde gesungen und gefeiert mit der Band "Dialog"
  • Es wurde um den Altar getanzt. 
  • Es wurde miteinander geredet, sich in den Arm genommen, miteinander ein wenig gegessen, geplauscht, gelacht und 
  • es wurden alle begeistert und begeistert und mit einem Abschlussgottesdienst um 24°° Uhr in die Geisterstunde und somit in die Nacht entlassen, die ihre Schrecken verloren hatten.
Und auch die ehemaligen Geister vom Alstadener Friedhof hatten sich wieder eingefunden. Schwer beschäftigt mit der Aufgabe den St. Antonius in buntem, geheimnisvollem, kaleidoskopischem Licht erscheinen zu lassen und uns den Weg zur Ruhe im Geiste zu weisen. Das mit den Flämmchen haben sie offensichtlich noch drauf!

- Sach'ma, kannet sein dat der Geist umgetauf' iss'?
- Kehr Quatsch, Geisters kannze nich' umtauf'n!
- Abber, der Heilige Geist heiß doch getz ganz anders als wie frühers?!
- Hömma, wie kommp'se denn auf die hochgeistige SchnapsIdee??
- Kumma, dat iss' so .... immer wenn ich die bekloppten Menschens seh, wie die wibbelich durche Gegend lauf'n, sogaa hier auf'n Friedjoff, denk'ich der, Heiligen Geis' iss' getz umgetauf'!
- In wie soll der getz heiß'n??
- Kehr, iss' doch gaanz klaa'! Der heiß getz', glaub'ich, der 'Eilige Geist'!
- Bissken Recht hasse ja, Erwin. Abber geh'ma' zu die Messdieners von den St. Antonius. Die tun Dich dat ma' mit einen Film richtich aus'e'nander verkasematuckeln .. odder so ähnlich.

29.05.2015 Kaiserstraße Alstaden ... Bebelstraße Alstaden ... lieben wir heute noch das, was wir früher liebten?

Alstaden Kaiserstraße ohne Verkehr

Bebelstraße Alstaden mit viel Verkehr


ISIS, FIFA, ATTENTATE ... BND & NSA ... ich mag den ganze'n Rotz ma' 'ne Weile weder lesen noch hören .....

ABER:
Gestern war's die Markstraße. Heute ist's die Kaiserstraße in Alstaden. Damals noch herrlich breit. Fast so breit wie die Alki's, die sich nahezu den ganzen Tag an der Haltestelle Rehmer neben dem Kiosk aufhalten. 
Jedenfalls scheint die Straße uns jetzt im Jahre 2015 so einladend ausladend, da sie noch unberührt von den vielen Umbaumaßnahmen und dem doch sehr verkehrten, abscheulichen, immer währenden Verkehr einfach nur ihr sonnenbeschienenes Straßenband (war sie eigentlich zu dieser Zeit schon asphaltiert?) gemächlich - fast wie die nahe Ruhr - durch's Stadtviertel zog. Und Pferd und Mensch und Frau und Kind und Mann und Karren und "alle mitt'n auf sie drauf".

Vorne links im Bild ein "aufgeräumter" netter, junger Mann im zeitgemäßen Anzug mit blütenweißem Hemde und  mit der KragenKurzKrawatte, wie sie damals so gerne getragen wurde. Die obligatorische Schirmmütze auf dem Kopf; denn 'oben ohne' ging der moderne Mann damals nicht über Kaiserliche Straßen
Und wie man leicht sieht, kommt er gerade von der Packstation an der Bebelstraße in der Nähe des Kaiser's-Supermarkts und trägt überglücklich sein DHL-Paket nach Hause. Gott sei Dank hat er trotz des momentanen ZustellerStreiks noch so eben das geheimnisvolle Gepäckstück erhalten, in dem die Dessous für seine junge Frau verborgen sind: 

"TaTa ... ÜBBERRASCHUNG!!!!, ... "Mäusken ... pack ma' aus, zieh ma' aus, zieh ma' an ... dat hier .... dreh Dich ma' ... kehr, leckker sieh'se ma' widder aus, Schnübbelsken ... !" 
... Und dann ging's rund im kreiselnden Kreisverkehr der Kaiserlich zackigen Liebe.

Heute heißt'se Bebelstraße und der Verkehr ist so sozialistisch geworden, dat die Blech-Lawine nich' mehr zu toppen und zu stoppen ist ... und auch der sonstige Amüsemang-Verkehr lässt die meisten GeschlechtsGenossen und besonders -innen heute eher hektisch bebeln als genussvoll beben. 


Weniger Bebel ... mehr Kaiser ... weniger Blech ... mehr Goldstück ... weniger Bero & Centro ... aber mehr Pater & Noster! 

Dat ist der Wunsch von geden Oberhausener. WO? In unser Oberhausen natüarlich!!!

28.05.2015 Marktstraße zwei Ansichten und eine Einsicht ... der Oberhausener liebt immer das, was er hat.


Markstraße 2014

Ich denke, die Marktstraße wird heute schlechter gemacht als sie früher war. Natürlich kann man dort nicht mehr so richtig flanieren, an wunderschön gestalteten Schaufenstern vorbei gehen, "ma' widder so richtich schön" einkaufen oder sich in eines der früher so reichlich vorhandenen Cafés setzen, um kunstvoll hergestelltes Konditoren-Naschwerk oder Konfiserien bei einer "runden" Tasse Kaffee zu sich zu nehmen. 

Aber ist das denn überhaupt so wichtig & erstrebenswert
  • Ist es nicht besser, in einer Stadt und mit einer Einkaufsstraße zu leben, die nicht das Flair des Wohlstands der vielen anderen Städte hat? 
  • Ist es nicht besser, in einer Stadt zu leben, deren Einkaufsstraße das wirkliche Gesicht dieser Stadt spiegelt? 
  • Ist es nicht besser, in einer Stadt zu leben, die die ehemalige, innerstädtische Einkaufsmeile mutig hinter sich lässt, um dem bürgerlichen Verlangen nach Einfachheit, Überschaubarkeit & sinnvoll eingeschränkter Lebensqualität Raum zu geben? 
  • Ist es nicht besser, in einer Stadt zu leben, die ihre Innenstadt in lukrative Einkaufszentren transformiert hat, statt an veralteten Strukturen festzuhalten?
Und mal unter uns Oberhausenern ...sieht's auf dem alten Foto denn soviel besser aus? Kaum jemand auf der Straße. Die Fenster des Stadt-Cafés bis zur Mitte verblendet. Eine Straßenbahn, die polternd an den alten Hochgiebelhäusern vorbei kreischend über die Schienen schrammt. Was lässt uns immer wieder glauben & denken, dass es früher besser, schöner, menschenfreundlicher, gemütlicher und dem Bürger angemessener war?

Also gehen wir ... gehen wir auf die Marktstraße ... und lassen wir es uns dort gut gehen:

- Hömma, will'ich billich, geh' ich auf'e Marktrsaße zu'n Kodi.
- Kehr stimmp! Hab'ich nur'n Euro, geh' ich auf'e Markstraße im 1-Euroladen.
- Kuck's Du, brauch ich Händi, brauch ich Schört, geh' ich auf Markstraße.
- Hab'ich Kohldampf, ess' ich mich ne Pommesschranke oder geh zu der Bäcki auf'e Markstraße.
- Wat willze also mehr. Iss' doch allet da!! 
- Und willze ma wo geh'n, wo Dich nich andauernd einer umrennt, geh'se auf'e Maarkstraße!
- Brauch'se Geld von'ne Bank, geh'se auf'e Maarkstraße.
- Hömma, allet paletti auf'e Maarkstraße ... mehr brauch kein Mensch!

27.05.2015 Rasieren in Oberhausen 1925 ... Waxing gab'et noch nich' ... un' die Frauens trugen noch ganz schön buschige "Augenbrauens"!

Neben der "Union" in Styrum


Mindestens zwei Personen auf dem Foto oben ließen sich zur damaligen Zeit unter Garnatie nicht rasieren. Überhaupt war das mit dem Rasieren lassen so'ne Sache. Man musste schon etwas mehr vom Wochenlohn übrig haben, um sich das leisten zu können. In der Regel war das also dem Bürger vorbehalten. Der Arbeiter legte selbst Hand. Und das war meist auch gut zu sehen. Viele liefen mit Rasierschmissen im Gesicht herum ... oder rasierten sich vorsichtshalber erst gar nicht, sondern trugen Vollbärte. 
Der junge Mann im hellen Anzug, der hier so aufgeräumt in die Welt blickt, das heißt ins Objektiv des Fotografen schaut, war sicherlich jemand, der entweder gleich aus der Kneipe nebenan, der "Union" kam, um sich Rasieren zu lassen oder der gerade eben den Oberlippenbart fachmännisch, mode- und zeitgemäß gestutzt bekommen hatte ... um dann im "Union" seine tagespolitischen Ansichten mit den anderen Gästen bei einem Bier von Carl Scheulen, dem Styrumer Braumeister, zu teilen. Ein starkes Bier! Ein Löwenbräu!! "Nä, nich' von'ne Saubayerns, sondern direktemang und echt aus Styrum!!"

Ich kann mich noch daran erinnern, dass mein Großvater mütterlicherseits, sich stets selbst rasierte. Auch er Arbeiter. Und das mit extrem starkem Bartwuchs. Er rasierte sich jeden Morgen um 5°° Uhr nach dem Aufstehen; und wenn er dann am späten Nachmittag von seiner Arbeit zurück kam, lag schon wieder ein dichter Schatten schwarzer Bartstoppeln in seinem ausgemergelten Gesicht. 
Er zog sein Rasiermesser (wie damals üblich) an einem langen, speckigen Lederriemen ab, der an der Türe des Küchen-Spints hing. Mit dieser Technik wurde die Klinge so fein geschärft, dass man sogar die Luft damit schneiden könne, sagt'e mein Oppa immer!!! 
Auf der Ablage unter dem Küchenspiegel lagen griffbereit kleine Zeitungsfetzen, die er gleich auf die blutenden Schnitte legte, die er sich trotz aller Geschicklichkeit an manchen Tagen etwas mehr, an manchen Tagen etwas weniger (wohl abhängig vom Alkoholkonsum am Vorabend) ins Gesicht schnitt. Dann gab's da noch so'ne Art Stift - ich glaube er bestand aus Alaun, um das Blut zu stillen und die Wunde ein wenig zu steril zu halten.

Auch wir Jungs probierten natürlich das Rasieren. Seiften uns mit Opas Rasierseife & Pinsel ein, kramten die von uns zu diesem Zweck gesammelten Holz-Eisstiele heraus, stellten uns auf einen Hocker vor den Spielgel und rasierten uns mit dem stumpfen Stiel. Ab und an fluchten wir kurz, wie's unsere Opas und Väter machten, um zu dokumentieren, dass wir uns mal wieder geschnitten hatten. 
Und wenn wir denn ausnahmsweise mal die Mädchen bei dieser unserer doch sehr männlichen Prozedur zugelassen hatten, dann klebten diese mit Kirschmarmelade (Blut) beschmierte Zeitungsschnipsel in unser Gesicht ... oder betupften die vermeintlichen Schnitte mit'ne angelutschte alte rotweiße Zuckerstange. 
So (vom Rasierschicksal) gezeichnet, waren wir natürlich noch männlicher, noch stärker und wir hätten glatt den Aschenkasten aus'm Ofen in den dunklen Keller tragen können, ohne vor Angst pfeifen und dringend pinkeln zu müssen. Aber dummerweise mussten wir die Aschkästen immer dann in den Keller tragen, wenn wir uns mal wieder NICHT rasiert hatten. 
Ach ja, unser Löwenbräu war übrigens das aus echtem Lakritz von uns in kleinen Flaschen selbstgebraute Lakritzwasser. Das machte uns mindestens dreimal so stark wie Obelix ... den wir aber damals natürlich noch nicht kannten. Unsere Helden dachten wir uns zu der Zeit noch selbst aus; dazu brauchten wir keine Comics und schon gar nicht das TV.

26.05.2015 Oberhausener Schneider-Handwerk um 1920 und Akki "sieht" TAKKO voraus ...

Schneider in der Marienstraße 


Da stehen sie alle. Oben auf dem ersten Bild. Und wie immer - auf den Fotos um diese Zeit - vor dem eigenen Laden. Der Schneider und seine Familie. Wie sagte man noch?! -  Mit fünf Kindern an der Zahl. Da muss so mancher Faden lustig ins Nadelöhr bugsiert worden sein. Aber wenn man sich das Bild genau ansieht, will sich einem gar nicht erschließen, wie das denn mit den Kindern so zusammen passt. Kann doch gar nicht sein, dat die Ulligen alle nur'n Jahr auseinander sind. Verflixt und zugeNÄHT, wie mag der Schneider dat gemacht haben? Wer ist der tüchtige Fritz (is' spitz) von allen? Fritz?? Ja, der Name scheint ja auf dem rechten Schaufenster zu lesen sein.
Nadeln, Nähring, Kopierrad, Knopflochzange, Pfriemen, Zentimetermaß, Schere, Kragenklotz und Bügeleisen. Da haben wir sie zusammen, die wesentlichen Schneiderwerkzeuge und die passen in der Anzahl wiederum zu den dargestellten Personen. Na wie dem auch sei ... so war's halt in der Schneiderei  ... und in dieser speziellen wurden zudem noch Pferdewetten & Herrenhemden & Kragen zur Reinigung angenommen. Geballtes Handwerk auf einem Fleck.

In der Nachkriegszeit hier in Oberhausen "schneiderten" unsere Mütter meist selbst. Sie strickten, häkelten und nähten; sie stopften, flickten & stickten. Und wir Kinder mussten es tragen und ertragen. 
Bei manchen sah's richtig gut aus ... bei den meisten weniger und aufgetragen wurde alles, was es so an Fetzen gab. Und immer vererbt vom älteren Kind auf das jüngere. 
Übel waren die Mädchen mit älteren Brüdern dran. Da wurd' dann schnell mal'n langes Hemd vom Bruder zum Schürzenkleid für die Schwester mit den obligatorisch kratzenden langen Strickstrümpfen drunter. "Mudder dat kratz' un' juck' so!!"

Ulli (eigentlich Ulrike), die als einzige von uns Jungs akzeptiert wurde, da sie mit auf'e Bäume kletterte und mit uns die Ruinen in der Straße durchstöberte und mit uns auf'n Bahndamm ging und sich mit uns kloppte und auch noch Fußball spielen konnte, hatte im Sommer unter dem langen verschossenen Hemd ihres 5 Jahre älteren Bruders, das zum Kleid umgearbeitet war, auch scho'ma gaaa nix an. Und wer hatte angeblich allet geseh'n? 
Akki natürlich: 
"Äh, ich hab bei die Ulli da unte'n allet gekuck', äh." Und dann rollte er die Augen und tat so als falle er in Ohnmacht. 
"Man sach' schon Akki, wie war dat?!?" - Aber Akki hatte an dem Tag seine 16 Dioptrin-Brille ma widder nich' richtich auf'e Nase, da sie bei der letzten Prügelei wieder zu Bruch gegangen war. 
"Ich erzähl', wenn ich von jeden fünf Knicker krich!" Wir sammelten, gaben Akki die Knicker und Akki sagte nur. "Schlimm, iss' allet kaputt, übberhaup nix für zu seh'n!"

Also, was Akki damals schon - nahezu blind - voraus gesehen haben musste, war irgendwie TAKKO. - Nämlich etwas, das so "fashionable" leer ist, dass es sich kaum jemand vorstellen kann, aber trotzdem ungeheuer schlimm ist ... oder eben gerade deswegen?!

25.05.2015 Der Bäcker backt das Brot der frühen Jahre .. und Akki verteilt den Apfelkuchen

Bäcker in Styrum Schützenstraße


Da steht er. Der Bäcker. Stolz vor seiner Backstube. Die Faust lässig an die Wand gelehnt, so als wolle er sie zur "Internationale" balIen. In Bäcker-Latschen. Mit junger Frau und Töchterchen. Früh musste er raus. Immer. Tagaus - tagein. Zwischen 3°° und 4°° Uhr. Abmessen. Wiegen. Kneten. Mehl. Wasser. Hefe. Sauerteig. Die Alchemie des Brotes. Den Teig in die Form bringen. Die Brote kerben, mit Zuckerwasser einpinseln, um die Kruste knuspriger zu backen ... und dann ab damit in den vorgeheizten Ofen. Genau an die Stellen, die zum Anbacken und dann Ausbacken geeignet waren. Eine flache Platte mit langem Stiel bewegte er geschickt durch die Luke im Backofen, um das Brot zu platzieren. Hitze schlug ihm entgegen. Schweiß auf der Stirn. Durst! "Hömma, iss' ja wie bei'n Stahlwerker!" Und er lächelt zufrieden, der Bäckermeister, wenn er denn endlich das Ergebnis seines frühmorgendlichen Handwerks betrachtete.

Mir ist das deswegen so nah, weil ich als kleiner Junge das alles hier in Oberhausen direkt miterleben durfte. Wir wohnten ab 1954 in der Lipperheidstr. Ecke Goethestr beim Bäcker Multhaupt. Die Backstube lag im Hof. Frühmorgens begleitete uns schon der warme, süßliche Brotgeruch in den beginnenden Tag. Die Brötchen - goldbraun - dampften in den geflochtenen, großen Körben vor der Backstube .... bis der Bäckerlehrling sie endlich in den Laden brachte.
Am frühen Nachmittag kamen die Kuchenbleche aus dem Ofen und kühlten in den Stellagen im Vorraum der Backstube ab. Apfel, Kirsch, Streusel ... wir Kinder wurden durch den köstlichen Kuchenduft vom Spielen weg gezogen hin in den Hof, wo uns der BäckerMeister Multhaupt wohlwollend & freundlich lächelnd, die vom warmen Kuchen abgetrennten Ränder gab. Wenn wir besonderes Glück hatten, war noch ein wenig vom kross gebackenen Obst dran. 
Wir waren selig. 1954 bis 1959 war das eben noch so. Kuchen- und Brotkruste konnte zu dieser Zeit Glück und Wohlbehagen bedeuten.  .... 
.... Dann wieder raus auf die Straße. Zu den flachen Löchern im Boden der Bürgersteige. Die Knicker aus den Hosentaschen oder dem ollen Socken, den Mudder uns gegeben hatte ... extra für'e Knickers ... und los gings mip'm Knickern der kleinen bunt eingefärbten Tonmurmeln. Dem, der den letzten Knicker erfolgreich versenkte, gehörten dann alle, die im "Loch" lagen. 
Und Akki ... Akki hatte wieder gewonnen ... aber er hatte noch etwas ... aus den Taschen seiner überdimensionierten Lederhose (er musste immer Klamotten seines 4 Jahre älteren Bruders auftragen) schaufelte Akki den völlig zermatschen Apfelkuchen, den er vom Kuchenblech geklaut hatte. Er sah sich als Robin Hood des Kuchens. Er klaute vom reichen Bäcker, um es unter uns arme Knickerspielern zu verteilen.

Und heute?!: 
Heute ist Bäcki & Instantkuchen ... und den Kindern fehlen Knicker, Phantasie, Hunger, die Straße, der Hof und so Freunde wie Akki einer war ... hart, manchmal brutal, stets seine Freunde schützend ... und letztlich beim Teilen von "Beute" immer gerecht

24.05.2015 Café-Kultur in Oberhausen ... Wo???

Café Marienplatz ca 1907
Früher zu meiner späten Novalis-Zeit hat's hier in Oberhausen noch eine ausgedehnte Café-Szene gegeben. Bauer, Wingen, Bistro, Belli, einige kleinere im innerstädtischen Bereich (Markstr./Elsässerstr) und in den Stadtteilen ... und natürlich "unser geliebtes Gymnasiasten-Tchibo" auf'e Marktstr, anne Elsässer, wo wir als Schüler zunächst für nur'nen Groschen einen Kaffee bekamen und dann etwas später für die Tasse 30 Pfennige zahlten. Und immer nett & freundlich, ja fast liebevoll von den Verkäuferinnen behandelt wurden .... eben fast ... wie schon Erwachsene.

In diesen Cafés trafen wir uns und führten "hochgeistige" Gespräche über Literatur und Philosophie. Versuchten zu schreiben wie Sartre, Beouvoir, Becket, Camus & Ionesco. Verfassten pubertär dramatisch unsere ersten "Dramen", "Romane" und "Kurzgeschichten". Und lasen sie uns mit Flüsterstimme im Café vor. Über Stunden bei nur einer Tasse Tee oder nur einer Tasse Kaffee ... zum Leidwesen von Inhaber und Bedienung. Geld hatten wir ja kaum. Aber Enthusiasmus.

Gerade Café Wingen (oder hieß es Winken??) gegenüber dem Novalis bot sich dazu an. Natürlich war es bei Strafe verboten als 15 oder 16jähriger dort mit qualmender Pfeife zu sitzen. Rauchen konnten wir dat Dingen eigentlich auch nich' richtich!! Schmeckte fürchterlich und vor allen Dingen, nicht so gut wie es roch. Musste abber sein!!!

Von einem Lehrer zufällig gesehen, folgte im Unterricht die Bestrafung. Warum wir bestraft wurden, wurde von uns erst gar nicht hinterfragt. Wir durften es einfach nicht. Und es war auch keine legitimierte Strafe, es war einfach so, dass - je nach Lehrer-Gusto - der im Café erwischte Schüler im Unterricht darunter zu leiden hatte. Das heißt, vom Studienrat schikaniert wurde. Die Mathe-Lehrer waren auch hierbei - wie meist - mal wieder die schlimmsten.

Heute gibt's als "wirkliches" und ein wenig traditionell gebliebenes Café nur noch Café Bauer. Dort hat sich noch ein ganz klein wenig vom Flair der 60er Jahre in die Gegenwart gerettet. Schüler, die sich ihre Geschichten wechselseitig vorlesen, habe ich dort nicht mehr gesehen. Ansonsten sitzt man heute zumeist in lieblosen Filialen der BilligBäcker. Und die, die dort jetzt ihre maschinelle Kaffee-Brühe schlürfen, philosophieren ganz sicher nicht; sie vegetieren, jedoch ohne unbedingt Vegetarier zu sein.

Ganz, ganz früher ging man zu Café Pötter am Marienplatz 6. Alles war nett ... lecker gebacken, lecker aufgebaut. Das Gebäck und der Kuchen im Schaufenster auf wunderschönen Etageren. Die Bediensteten - wie man sie damals noch nannte - stehen schürzenadrett am Eingang zum Café. Der Eigentümer akkurat mit Frau auf zwei Fenster verteilt (Geschlechtertrennung?), schaut stolz und wohlwollend von der ersten Etage in Erwartung zucker-mäuliger Kunden und Kuchenesser/innen auf die Straße. Davor ein solventer Bürger mit Fahrer. 
Café Idyllen von 1907 und 1963. In Bild und Einbildung. Das gibt's nicht mehr. Jedenfalls nicht hier in Oberhausen. Aber vielleicht ist das ja auch gut so ... oder?  

- Kumma, mit den Café iss' wie mit die SPDé?
- Hömma, wie meinze dat denn getz schon widder?
- Kehr, die SPD war gewes'n! Dann war'se! ... Un' getz' isse einfach nich' mehr! 
- Da vergeht mich glatt der Appetitt auf Sahneschnittch'n.
- Genau, heut kannze nur noch zu'n neuen Wollersheim geh'n.
- Wieso Wollersheim?! Dat iss' doch'n Bordeller?!
- Hömma, hasse nich' inne Zeitung geles'n: Straßenbeleuchtung wird dunkler, aber der Wollersheim macht in Oberhausen dat neue Rotlicht an.
- Da freu'se Dich abber, wat?!
- Sabber immer ... sabber mit Sahne .. da kannze sabber für, ey!!!

23.05.2015 Persil, Hering, Gurke ... Kindersegen in Ruhrpott

Winkelware nach 1907


Im und am Laden. Vor den Feiertagen. Es war sicherlich schon immer so, dass dann ein wenig vorgesorgt werden musste. Nur fiel das früher sowohl absolut als als relativ sicherlich erheblich schmaler aus. Zumal hier in Oberhausen. 
Damals bestand der Großteil der arbeitenden Bevölkerung aus Kohle- und Stahlarbeitern, Bauern und Tagelöhnern. Da war das mit dem Vorsorgen von & der Versorgung mit Lebensmitteln eher bescheiden. Über lange Zeitstrecken während der Woche mussten die von allen Seiten gebeutelten Frauen & Mütter anschreiben lassen. Nur weil der Olle widder allet versoff'n hatte.

Heute kauft man einfach ein. Nein, nicht nur EIN ... sondern VIEL. Und nicht weil es unbedingt notwendig wäre, sondern weil man glaubt, mit dem was man hat, nicht 'über die Tage' zu kommen. Eben ... man glaubt es! Das hat also etwas Irrationales: Kaufen! Raffen! Überversorgen! Man könnte ja am 2. Pfingstfeiertag des Hungers sterben. Und so sehen sie auch aus. Vadder, Mudder un' die Ullig'n! Früher war 8mm Schmalfilm, heute is' Full HP (Hüft-Polster) Breitwand!

Damals ... ja damals gab's noch den Kindersegen. Abends waret dunkler noch als getz' bei die neue LED. Der Wachs-Stumpen war runter gebrannt, abber die Kerze von Vadder stand. Die Verhütung lag in Gottes Hand. Darum ist das, was da auf dem Bild zu sehen ist, kein Kita-Ausflug mit zwei Kindergärtnerinnen. Schon eher ein unbeabsichtigtes Reklame-Posen für Persil. 
Persil, das erste "selbsttätige" Waschmittel, das gerade erst (1907) in den Handel gekommen war. In den Einzelhandel. Und man sieht's ja auch. Alle weißen Schürzen sind so weiß ... weißer geht's nicht. Ja, ... da weiß frau, wat'se hat.

Auch wenn der Eindruck hier ein anderer ist, so wurde in den Läden damals schier alles verkauft, was auf dem Markt war. Sie verkauften "Winkelwaren". Vom Bonbon bis zum Schulheft. Kolonialwaren aus Übersee: Kaffee, Tee, Kakao, Reis. Und dazu das Notwendige für den Alltag ... mehr für Leib & Leben als für Geist & Seele: Zucker, Salz, Mehl, Essig, Öl, eingelegte Gurken & Heringe, Vadders Tabak, Mudders (Kern)Seife.

- Ernst, ich geh'ma?!
- Wo geh'se Gerda?
- Kehr Ernz ... zu'n Laden ... bei die Kosinskis. Gib' mich ma'n paa' Groschens!
- Wat, schon widder? Hömma, wirf'se dat Geld inne Köttelbecke??
- Kumma, Ernz, Du willz doch wat in Deine Fressspalte an Pfingst'n? Ich brauch Mehl für zu'n Backen ... un' so. 
- Hier, hasse Gerda ... abber teil Dich dat gut ein.
- Mach'ich Ernz .. ich hol Dich auch'n schön Herink aus'n Fass, un' mach dich der schön lecker feddich ... so, wie'ße dat immer hab'n willz.
- Lieber wär mich, wennze mich mein eignen Herink feddich mach's, wie ich dat hab'n will.
- Kehr Ernz, Du biss'n ganz versauten Schnuppel un' denks' immer nur an dat Eine. Abber wasch'n könnt'se der getz scho'ma'!!

22.05.2015 Bahnhof Styrum ... gleich hintere Pommes Schranke mit Landparty

Bahnhof Styrum etwa 1905
Diesmal schreibt Daggi (Dagmar) ... mehr möchte sie nicht von sich preisgeben ... für Euch. Daggi versucht die(Ruhrpott)-Geschichte mit dem Gegenwärtigen zu verbinden und stellt damit zugleich die Frage: Wie wäre es damals für Euch gewesen? Und steckt der Geist heute nur noch im Smart-Phone? Aber lest selbst ...


Nun pfingstet es wieder. Der Geist steigt angeblich vom Himmel ... doch leider setzt er sich nur auf und in die Köpfe der längst verstorbenen Jünger Jesu und nicht in die Köpfe des Gros der Menschen. Ganz deutlich merkt man das immer wieder an den Kommentaren und Beiträgen innerhalb der social-media (auf FaceBook, Twitter, Google+, Instagram ... etc.) 
Aber um solche gesellschaftlichen Missgriffe ging's zu der Zeit, als das Bild dort oben gemacht wurde, noch gar nicht. Damals gab es ab und an ein 'Automobile'. Eine Straßenbahn. Einen Eisenbahn-Zug
Und all die, die es sich leisten konnten, versuchten ein wenig dem Alltag, dem schweren Arbeitsalltag, zu entfliehen. Aber die meisten von ihnen kamen nur bis zur Vortreppe ihres kleinen Bergmannshauses oder eben bis auf'e Wiese vor'm HedwigGaso.

Gearbeitet wurde um 1900 noch von 6°° Uhr morgens bis 19°° Uhr abends. Die beiden Pausen am Tag waren zeitlich sehr begrenzt ... und "während der Arbeit unnütze Reden miteinander zu führen, zu frühstücken oder außerhalb der dazu bestimmten Zeiten Kaffee zu kochen oder zu trinken, war bei Ordnungsstrafe untersagt". Und das konnte schon mal einen Tages-, oder auch - im Wiederholungsfalle - einen Wochenlohn kosten. 
Dann gab's für die Familie nicht nur Schmalhans - wie immer - sondern gaaa nix!! Einfach "nuscht" sagten die zugewanderten Polen damals. Ja, auch zu dieser Zeit gab's Migranten ... und viele von uns sind heute ihre Ur-Ur-Ur-Ur ... Enkel!!

Na, wer von Euch, liebe Leser, ist denn so Nostalgie besessen, dass er sich diese Zeiten zurück wünscht? Natürlich ist es schön und wohlgefällig, anheimelnd und ein bissken 'gemüth'lich die alten Bilder hier zu betrachten ... und sich in diese Zeiten mittels Kopfkino hinein zu träumen ... aber wer von Euch wird damals finanziell in der Lage gewesen sein, in den oben genannten "Fahrwerken" zu sitzen?

- Ey, Kevin ... wat mach's Du denn an den Pfinx-Wochenende getz?
- Nix, hömma ... soll'ich schon mach'n? Villeich fahr ich mit die Schantall un' unsern getunten Aut 'ne Runde Stau auf'e A3 .. ma seh'n wie Wetter wiard?! Und Du??
- Gaaa nix. Bei uns iss' tote Hose. Ich glaub dat Schanin hat wat mi ihr'n Scheff.
- Wieso meinze??
- Kehr, die bring mich abenz keine Pommes Schranke mehr mit un' liest in so'n richtiget Buch un' nich' nur Bilders in ihr'n iPhon! ... Un' die faselt wat vonne vertriebliche Weiterbildung. Un' dat'se ihr Leb'n selbs inne Hand nehm' muss .. un' so'ne Kacke.
- Ach, Du 'heilige Trockenpflaume'! ... !!! .. dat tut mich abber leid für Dich!
- Muss'abber nich'. Getz hab'ich mehr Zeit für Pläistäischon zum spielen. Un' entlich ma' beide Hände frei!

21.05.2015 Nicht nur die OGM verliert Handys ... aber hier werden sie wieder gefunden und führen zur Liebe des Lebens ...


Heute wieder eine Geschichte von Beate Wagner. Es zeigt sich in dieser Geschichte, dass alte, fast wertlose Dinge lebens- und liebeswichtiger sein können, als der moderne Tand & Kram, den man sonst täglich mit sich herum schleppt, und an den viele von uns ihr Herz hängen, obgleich es besser für etwas wirklich Lebendiges schlagen sollte. Aber lest selbst:

Wie fast jeden Abend war ich mit meinem Hund in Alstaden unterwegs. Als ich ihn auf unserer üblichen Route wie immer ein wenig gedankenverloren beobachtetet, um gleich mit der obligatorischen Tüte zur Stelle zu sein, wenn es denn sein musste, sah ich plötzlich vor mir auf dem Gehweg ein Handy liegen. 
Ich hob's auf und bemerkte sofort, dass es ein älteres Modell war. So eines mit vielen Kratzern. Noch so'n richtiges Handy, also kein Smartphone und nichts besonders Wertvolles. Trotzdem steckte ich's ein, um es am nächsten Tag zum Fundbüro zu bringen. Man kann ja nie wissen: Vielleicht gehört es einem älteren Menschen, der sich kein Smartphone leisten kann und möglicherweise dringend auf dieses olle Dingen hier angewiesen ist.
Ich war gerade wieder paar Schritte neben unserem Hund unterwegs, als plötzlich dieses Handy klingelte. Ganz in Gedanken versunken, nahm ich es aus der Tasche und meldete mich: "Ja,  ... hallo?!" … Und im gleichen Moment fiel mir ein: Kehr, dat is' ja gar nicht meins ....
Ich stutzte - ?! - zögerte ein wenig … - ?!? … und sagte erneut: "Hallo....?“ Eine wahnsinnig aufgeregte Stimme am anderen Ende stammelte & brabbelte Unverständliches … bis der Mensch hinter dieser Stimme sich schließlich soweit beruhigt zu haben schien, um endlich eine verständliche Frage stellen zu können. Er fragte erstaunlicherweise jedoch nicht, WER ich sei, sondern WO ich sei.
Ich sagte: 
- "Am Stubbenbaum, Ecke Flockenfeld!“  
Er:
- "Bewegen Sie sich bloß nicht von der Stelle! Sie müssen unbedingt warten. Von Ihnen hängt mein Leben ab! Mann, fällt mir ein Stein vom Herzen. Ich hab's schon überall gesucht. In spätesten 2 Minuten bin ich da.“

Und wirklich, die 2 Minuten waren noch nicht verstrichen, als ich auch schon einen jungen Mann hektisch und hechelnd auf mich zu rennen sah. Er erzählte mir (jetzt etwas gefasster), dass er dieses Handy nur benutze, wenn er zur Uni fährt. Er habe Angst sein teures Smartphone mitzunehmen, weil man ihm das möglicherweise klauen könne. Und gerade an diesem Morgen habe er in der S-Bahn eine so tolle Frau kennengelernt, "also so toll, stammelte er die ganze Zeit …. so toll, dass es vielleicht 'die Liebe seines Lebens' werden könnte. 
Während des Gesprächs in der S-Bahn habe sie ihm ihre Handy-Nummer gegeben. Und er habe diese natürlich gleich auf seinem ollen Handy gespeichert und war todunglücklich, als er bemerkten musste, dass er ausgerechnet jetzt dieses Mist-Ding verloren hatte. Denn, so seine Schlussfolgerungen: 
  • Ohne Handy, keine Nummer! 
  • Ohne Nummer, kein Anruf! 
  • Ohne Anruf, keine tolle Frau! 
  • Und ohne tolle Frau, keine große Liebe! 
  • Und ohne große Liebe, nur ein ödes Leben!!!! 
Darum war er nun überglücklich, dass genau ich, genau jetzt SEIN altes Handy, das er nun natürlich mehr liebe als sein teures neues Smartphone, gefunden und nicht achtlos hatte liegen lassen. 
Er nahm es gleich an sich. So wie man einen wertvollen Schatz an sich nimmt. Oder so wie die kleinen Kinder (eben noch weinend, jetzt voller Freude) ihre verloren geglaubten Schmuse-Sachen wieder an sich nehmen … und er war so erleichtert, so voller Dankbarkeit und so glücklich, dass er ganz vergaß, sich zu verabschieden … und einfach … fort .... ging.

Ein paar Monate später traf ich ihn zufällig auf dem Trödelmarkt. In seinem Arm eine sehr hübsche, junge Frau. Als er mich erkannte, kam er gleich auf mich zu und sagte mit einem breiten, hellen Strahlen im Gesicht: "Das ist sie! Und ich werde Ihnen ewig dankbar sein!" Und schüchtern fügte die junge Frau ein leises "ich auch" hinzu.

Neben und gegen all den üblen Nachrichten, die man sich tagtäglich anhören muss, sind solche Erlebnisse besonders schön. Ich suche seitdem immer nach Handys für frisch Verliebte, habe aber bisher leider keines mehr gefunden. Ich suche nicht für mich. NEIN! Ich suche für all die anderen Verliebten, die noch wahrhaftig zusammen finden müssen. Denn ich brauche dafür keine Handys mehr - ich habe meine große Liebe noch ganz traditionell - nämlich ohne Handy - schon vor langer Zeit gefunden.

20.05.2015 Die Menage, eine sinnvolle, soziale Einrichtung durch Thyssen um 1918

Menage mit Gasometer an der Hedwigstraße

Kehr inne Kist'. Drei Mädels ein Mann ... nicht auszudenken, was da so hätte 1920 allet nich' passieren können. Und dann auch noch die Menage

- Wat, die Frauenssache?
- "Nä, Quatsch, Menaasch, dat is'doch nich' die Frauenssache. Menaasch is' wemma Essen tut woanners. Un' schlafen tut woanners!"
- "Wie 'essen tut woanders'?"
- "Kehr, so wie hier, kuck'ma' Bild, ... drüben in die Richtung von den groß'n Gasometer inne Hedwigstraße!"
- Du meinz dat Haus anne Neustadtstraße, dat 'Kosthaus'. Dat für Leidige, wo'ße als Arbeiter schlaf'n un' essen kannz??"
- "Genau dat! Abber nich' für Leidige, sonnern für Ledige! Gibbet auch für Frauns!"
- "Wat, da inne Menaasch sind auch Frauens?!
- Kehr ... nich bei die Männers ... Die sin' für sich! Männers für sich ... Frauens für sich ... un' für uns alle der Kaiser.
- Wat der Kaiser wohnt da auch?!
- Quatsch, bisse beklopp, der Kaiser gibbet doch schon nich' mehr.  Dat wa' Spass!! ... Abber bald kommp schon'ne Inflatation.
- Inflata .. wat ...??
- Noch paar Jahre weiter, un' du zahl's für'n Brot 2 Million Mark un' für'n Bier 600.000 Mark.
- Iss' dat viel??
- Wie'ße nimmps. Für Arbeiters ja; für'e Geldsäcke nich'!
- Hömma, woher weiße dat allet?
- Ach, ich kenn ein auße Zukumpf! Der heiß inrxwie Eber .. oder Eberhar...?!
- Kehr, du meinz der Everaa'sch, ... der kenn'ich auch. 

Gerda, Else, Änne, Heinrich. Immer an Feierab'nd auf'e schöne Wiese. Un kuck'ma' wie Heinrich dat Änne am Aa'm pack. Junge, Junge ... mein lieber Poposchinski?! Hoffentlich hat dat Änne ihr Butterblümsk'n gut versteck! - Wieso Butterblümsk'n? - Kehr, dat sacht'ma doch so.

19.05.2015 Die Maggi von Oberhausen passt nich' in'ne Flasche

Oberhausen Alstaden zwischen 1900 und 1910

Maggi, Tabak, Malzkaffee. Mehr brauchte Klara nicht. Der Maggi für'e Suppe. Der Malzkaffee für Mudder un' Omma. Der Tabak für ihr'n Klaus un' der Vadder von ihr'n Klaus ... und bissken Puder für der Pöter von ihr'n klein Hänsken

Der Vadder von sie selps, war vor paa' Jahre unt'n in' Pütt geblieben. Bei den Schwatten. Den Tod. Den Teufel. Von den Schlagwetter erschlagen. Alle gemacht hatt'er der Vadder. Der Schlag hat der Vadder einfach alle gemacht
Getz iss' der Vadder so schwatt wie die Kohle. 
An 3. Juli auf'e Zeche Osterfeld. Für immer wech. Der Vadder sein Geld fehlt. Un' der Vadder seine rauhe Kohlestaubstimme fehlt, un' der Vadder seine fette Lache nach'n dritt'n Schabau fehlt, wenn er Mudder anne Schürze packte ... un' ich auf'e Treppe vor'e Türe musste. Un' Mudder in Winter zu Vadder sachte: "Mach schnell getz, Klara friert sich' sonz der A'sch app drauß'n." Un die Mudder in Sommer zu Vadder sachte: "Mach schnell getz, Klara friert sich der A'sch app drauß'n." Dat somma einer verstehn?! Sommer wie Winter. Abber scheiß drauf, gedenfalls wa' Vadder noch da!! Vadder fehlt mich!

Kohl, Wasser, paa' olle Knochens mit bissken Fleisch dranne, un' Maggi. Mehr gab'et nich'. Hinterher Täsken Malz-Kaffee für Mudder un' Omma; un' Tässken Schabau für Klaus un' sein Vadder!


„Das gewisse Tröpfchen Etwas“ = Maggi-Werbespruch


- Äh, kumma hint'n?! Da auf dat Bild!! 
- Wat'n ... wo?!
- Kehr, hint'n an Fenster von der Maggi-Lad'n. Da! ... Hintere Scheibe ... inne Mitte.
- Getz seh'ich auch!
- Hömma, sach'ma .. iss dat nich' der bekloppten Urbaniak?
- Meinze der, der immer so glotzen tut?
- Genau, der. Un wennze dann zurück kucken tus', hatt'er ne Beule anne Büx.
- Ich sach Dich, dat is'n ganz Schlimmen.
- Der tut doch nur glotz'n.
- Abber dat Klara hat von den Glotz'n der klein Hänsken von ihr'n Klaus bekomm'.
- Wer sach'dat?
- Mein Mudder!
- Nur von den Glotz'n???
- Gaaanz genau! Nur von Glotz'n! .... Deswegens sacht Mudder immer für mich: "Hella, glotz bloß die Männers nich' direktemang mitt'n inne Klüs'n, sonz kommps'e noch mit wat Kleinet na' Haus."

18.05.2015 Sandkasten in Oberhausen vielleicht in Styrum 1937 ... und pullern ... und so.



1939 war noch weit und 1945 noch ferner. Aber eben nur für die Erwachsenen. Für die gab's ja schon Zeit.
Die Kinder?!. ... Die wussten noch gar nichts davon. Und sie ahnten auch noch nichts. Von Trümmern, Sirenen und Bomben .. von entstellten Leibern und zerplatzten Zukunfts-Träumen.

Sie, die Kinder, waren einfach da. Wie Kinder das in diesem Alter immer so sind. Meist reine Gegenwart. 
  • Das Gestern verschwunden. Ins Dunkel gerutscht - vergessen
  • Das Morgen noch gar nicht vorstellbar ... so licht und weiß wie Wolkenschlieren am blauen Himmel im Sommer. Durchsichtig und undurchschaubar zugleich. 
Aber jetzt .. in der "vergangenen" Gegenwart von 1937 sind sie da .. nur da! ... sonz nix! ... am und im Sandkasten und backen Sandkuchen, kochen Sandsuppe, buddeln Tunnels ("boa ..!!..ähh, kumma äh, iss' der Tief, äh - kumma Kuart?!") und moddern Sand mit Wasser un' Spucke und Grashalmen und Regenwürmers. Sitzen hibbelich auf'm Sandkastenrand und vergessen, dat'se ma' müss'n.

- Mamma?! - ?! .... mich iss' langweilich!
- Kehr, Helga geh mitti Else im Sandkasten im Hof bissken spiel'n!
- Kann'ich der kleine Eimer mitnehm' für zu'n Kuch'n mach'n, Mamma?
- Nimm mit, abber geh' mich getz nich' mehr auf'n Keks. Un' mach Dich nich' dreckich. Hör'se Helga .. zieh Dich dat Schürzk'n drübber!

Helga zog ab. Else war schon am Sandkasten. Kurt und Alex wühlten im Dreck. Hinten stand Erna in 'ihr'n schwatten Mantel un' mitti schwatte Mütze.' Erna war irnxwie krank, hatti Mamma von Erna ma' zu die Mamma von Helga gesacht:

- Mamma, Mamma ...!
- Wat is denn getz scho' widder, Helga ... ich denk, du biss' in Sandkast'n!
- Mamma, Erna hat schon widder inne Büchs gemacht! Dat stink'!
- Kehr Helga, da muss'e Mamma von dat Erna wat mach'n! Stör mich getz' nich - ich muss für der Vadder koch'n. Dä kommp gleich von Pütt.
- Mamma, ich hab'auch ... abber nuar klein. Stink'auch nich' Mamma!
- Dann geh' verdammp inne Sonne spiel'n, dann trock'dat schnella! Abber getz'geh' mich entlich auß'e Füße!!

17.05.2015 Bollerwagen gegen Fahrrad in der Hiberniastraße .. Oberhausen macht mobil.

Hiberniastraße mit Fördergerüst

Im Hintergrund das spillerige Fördergerüst der Zeche Alstaden. Davor die großzügigen, efeubewachsenen Wohnhäuser; gesäumt von dichten Bäumen. Das Wetter sommert. Die Hosen sind kurz. Die Begegnung findet auf der Straße statt.

Direkt vorne im Blick der Bollerwagen. Noch mit Vollgummibereifung und Holzdeichsel. Stolz war damals der Junge, der einen solchen Wagen hatte. "Wennze mich'n Knicker gib's, darf'se Dich reinsetz'n, un' ich zieh Dich bis nach'e Landwehr!" 
Von Mudder und Vatter (meist heimlich) kurz aus'n Keller "ausgeliehen", umma 'ne kuarze Runde zu dreh'n! Aber stolzer noch war der, der wie Werner (hier auf den Fotto) zu der Zeit sein eigenes Fahrrad fuhr. 
Werners Eltern war'n reich. Die von Kurt so aa'm, dat'se mit'n Bollerwagen, die ollen, übrich gebliebenen Ka'toffels von den Bauer'n sein Acker hol'n mussten.'
Der Bollerwagen hatte den Nachteil, dass er sich nur ziehen oder schieben ließ. Und viele Jungs, wie "der Kurtchen" hier auf dem Bild, verabredeten sich "zu'n Bollern" mit ihren Freunden. Und dann wurde mit kleinen Stöckskes darum gelost, wer zuerst auf dem Bollerwagen stehend, von den anderen geschoben wurde sollte. 
Gelenkt wurde mit der hochgezogenen Deichsel und wenn wir Glück hatten, fanden wir in der kurzen Zeit irgendwo 'ne Straße mit Gefälle, wo der Wagen sich dann wie von selbst abwärts bewegte.

Problematisch waren die Kurven. Und oft endete die Fahrt hart am Bordstein mit Schürfwunden und blauen Flecken am ganzen Körper. "Mensch Kurt, kumma, dat Rad vorne is' ganz halb app. Da krisse abber Senge von dein Vatter mit Schmackes un' Anlauf!" rief schadenfroh der dicke Helmut. Der fuhr damals immer mit seinem Dreirad-Holländer aus Holz durch'e Hibernia. "Halt'i Schnauze, Helmut sonz krisse 'n Trampel im Gesich' gebox, datte auf Dein fetten A'sch fällz!!"

16.05.2015 Waschtag in Oberhausen mitti die alte „Rondo"

Große Wäsche in Alstaden


Wie Mann sieht (mit Pfeife), ist heute Waschtag. Also eigentlich ja nicht. Denn heute ist Samstag und der Samstag war meist kein Waschtag. 
Waschtage waren der Montag oder der Dienstag oder spätestens der Mittwoch, damit die Wäsche die Restwoche Zeit zum Trocknen hatte. Sonntag sollte sie schon wieder sauber, gebügelt und gefaltet im Schrank liegen.

Also sagen wir - hier in unserem Falle - ist es Dienstag der 28. Mai 1935. Ella Urbanski steht an der alten „Rondo“, der Holzbottich-Waschmaschine. An den Füßen trägt Ella die schon ausgelatschten gescheckten Kamelhaarpantoffeln, die sie von Mudder hat. Der Mai, der ja nun bald in den Juni übergeht, ist schon warm. 
Die Wachmaschine hatte ihr Kurt mit in die Ehe gebracht. Seine Mutter war kürzlich verstorben, der Vatter lebt noch auf dem alten Kotten am Rehmer. Das Essen wird ihm später Ella bringen und er wird’s mürrisch und ohne Dank wie immer annehmen. Und raunzen: „Da kannze koch’n soviel’ze willz, Dein Fraß schmeck nie in Leb’n so wie dat lecker Essen von mein Gerda - Gott hab’se sehlich!“ 
Ella hat sich sich mit der üblen Laune des Alten längst abgefunden. Seitdem Gerda au’m Alstadener Friedhof liegt, "benimmp sich der Alte wie’n Sausack!“ Wenn er nicht immer schon einer war. Malochen, sich ein plästern, bölken und bullern, dat könn’se! „Von so wat wie Liebe kannze höchsenz träum'n!"
Am Vorabend hatte sie die Wäsche in Soda eingeweicht. Ihr Kurt füllte heut ganz früh schon 'der Bottich mit den heißem Wasser' … Und dann ging es für Ella den ganzen Tag ans mühselige Drehen des Wachkreuzes mit den Griffen oben an der Kurbel.
Kurt zündet sich noch schnell die Pfeife an und „dann'abber app zu’n Pütt" …er hat Schicht. Noch’n Gedeck bei’n Hotze un' dann app in’ne Grube. „Un’ widder der scheiß Kohl’nstaupp in’ne Kehle un’ in’e Lunge. Der kannze doch nur mit’n Schabau mit Kawupp rausspül’n!"

- "Ella, ich bin dann’ma!“
- „Ja, mach’man’, Kuart. Un’ besauf Dich nich widder auf’n Rückwech von’ne Zeche!!“
- "Wat Du immer hass’, Ella. Mach Du datte entlich wat Kleinet kriss!
- "Kehr Kuart, wennze geden Ab’nd besoffen biss’ dann geht’ da nu’ma’ nix … bei Dich kommp da einfach nix, Kuart
- "Bis' bloß ruhich, Ella, sonz fäng's Dich ’ne Dachtel!

15.05.2015 Am Ruhrpark restauriert sich das Leben ... schon immer ...



15.05.2015! Schönes Datum. Heute! Anders kann man’s gar nicht sagen. 
3 mal die 5, 2 mal die 1; einmal die 2 und 2 mal die 0. Wenn's nicht acht Ziffern wären könnte das glatt die Ankündigung der Lottozahlen gewesen sein. Als Nachwehe zum Vattertach! Noch ziemlich beduhnt. Schnapsige Schnaps-Zahl eben. Aber Gestern war’s anders, das Datum … und es war da ….

Nämlich hier ... da oben ... Am Ruhrpark - oder besser gesagt - im Restaurant am Ruhrpark .. und hier auf dem Fotto sieht man es noch von gaaaanz, ganz früher. Fotografiert zu Olims Zeiten. Genau so, wie es die meisten von uns 90-Jährigen sicherlich noch kennen. Gartenbestuhlung mit Laubencharakter - draußen. Ein abgetrenntes Karree, für den Fall, dass der Mann der Frau wieder mal ein Tanzebeinchen schwingen will. 

Und die Fassade der gediegenen Gaststätte fachwerkelt ihre traute Gemütlichkeit mit Eingangslaternen (keine LED) vor sich hin. Wie das früher eben so war: Mit Fahne und einem Schild, auf dem ganz bestimmt stand, dass alle Alstadener, ja alle Oberhausener, und besonders Herr Koslowski nebst Gattin herzlich eingeladen seien.

Also, ich weiß natürlich nicht aus eigener Erfahrung, wie es zu der Zeit damals dort gewesen ist. Ob die Speisen den Wünschen der Gäste entsprachen, ob das Bier gut gezapft und der Wein reichlich eingeschenkt wurde. Aber ich weiß, wie es heute ist; denn Gestern feierte ich dort mit meinem Vatter ... am Tach … ?!? … was? … RICHTIG! … der Vattertach
Und ich kann nun sagen, alles war hervorragend: Das Essen, die Getränke, der Vatter und somit natürlich auch der Tach
Habt’er Zeit, Leute? - Dann macht uns der Tach … einfach nach … Ihr müsst ja nicht ein Jahr darauf warten
Habt Ihr keine Zeit, dann nehmt sie Euch einfach; denn an den alten Bildern, die hier in dieser FB-Gruppe so reichlich gezeigt werden, lässt sich immer wieder ablesen, wie schnell doch alles vorbei sein kann.

Der Vater - der Tach - die Zeit - dat Leben!

14.05.2015 Zeche Alstaden ... am Vattertach ... den Vätern Oberhausens gewidmet

Zeche Alstaden undatiert
Einer kommt. Einer geht. Und einer zahlt immer die Zeche. 
Als das Bild gemacht wurde, war diese Zeche hier in Alstaden noch weit davon entfernt, das Rauchen der Schlote einzustellen. Und das Fördergerüst bot dem dampf-getriebenen Förderrad , das dafür sorgte, dass der Förderkorb in die Tiefe gesenkt oder in die Höhe ans Tageslicht gezogen wurde, noch den nötigen Halt. 
Einer kommt. Einer geht. Immer & immer wieder wurde ein Korb nach oben gezogen und ein anderer herab gelassen. Und diese Körbe waren damals noch weit davon entfernt, still gelegt zu werden. Alles war in Bewegung. Die Luft, der Rauch, die Kohle, der Atem des Bergmannes, der Hunt, der Bergmann selbst, und nicht zuletzt seine durch hartes Arbeiten „erworbene" Staublunge. Bewegt bis in den Tod.
Viele kommen. Viele gehen. Aber immer haben nur einige wenige wirklich die Kohle. Auch jetzt noch. Doch heute sind die Namen nicht Zeche Alstaden, Osterfeld, Jacobi, Roland, Concordia, Sterkrade oder Hugo Haniel. Heute sind es Kürzel. Die Energieträger heißen: GMVA. EVO, RWE etc. 

Aber die wirkliche Energie, das energetisch Humane, all das, was das Ganze treibt und in Bewegung hält, ist von uns, den OBERHAUSENERN. EBEN: DIE ZECHE OBERHAUSEN. Und ERBEN des schwarzen GOLDES.

Und das war gut so & das ist gut so …. UND … das ist richtig hier: Der Oberhausener versucht beständig etwas aus seiner Stadt, seiner Situation und aus der Verbindung von beidem zu machen. 
Und insofern ist der Oberhausener eigentlich immer BERGMANN geblieben. Das, was er zum Leben braucht, schlägt er mit Schlägel und Eisen aus dem Flöz des Lebens
Ganz früher fuhr er auf dem sogenannten ‚Arschleder‘ ein („So sitzend die Berghäwer auf ihr Arsleder, das um die Lenden gebunden, dahinter herabhanget.“ aus De re metallica, 1556)

Und heute fährt er aus der Haut, wenn man ihm seinen Lebensraum streitig machen will. Der Bergmann starb aus ... aber sein Mut übertrug sich auf die wahren Oberhausener!

Auszug aus dem Steigerlied:

„Die Bergleut sein kreuzbrave Leut’
denn sie tragen das Leder vor dem Arsch bei der Nacht
denn sie tragen das Leder vor dem Arsch bei der Nacht
und saufen Schnaps, und saufen Schnaps.“

Also … Gut Lach un' Schnaps an' Vattertach!!!!!!!!