Leichenzug auf der Kaiserstraße in Alstaden |
Heute kennt man sie gar nicht mehr. Diese Leichenzüge. Sie passen nicht so recht ins moderne Stadtbild. Man hat den Tod noch ein Stück mehr ausgegrenzt. Oder sagen wir besser, die Konfrontation mit dem Tode. Wir wissen zwar alle, dass er das Notwendigste des Lebens ist, also etwas, dem man nicht entrinnen kann … aber?!? ... wir wollen das Wissen darum nicht vor Augen geführt haben.
Doch hier auf dem Bild bewegt er sich noch, der Trauermarsch, über die ungefestigte, ungepflasterte Straße. Dem Habitus der Leute nach zu urteilen, muss es im Zeitraum zwischen 1900 bis 1915 gewesen sein. Die schwarzen Zylinder weisen steil, steif und feierlich-schwarz gen Himmel. Die Trauerpferde ziehen mit nachdenklich, gesenktem Kopf den Leichenwagen und mit ihm den Toten und mit diesem zugleich die Last, die Trauer & die Tränen der nachfolgenden Menschen.
Damals hieß diese Straße noch Kaiserstraße; und es mutet etwas seltsam an, dass der Leichenzug nicht - wie oft üblich - durch weitere Bürger & Arbeiter an den Straßenseiten flankiert wird.
So traurig das Ganze auch sein mag & so tragisch und endgültig der Tod für den je Einzelnen auch ist, so wundervoll befremdlich ist jedoch der kleine Junge, der versucht mit nacktem Oberkörper (T-Shirts gab's damals noch nicht) im Gleich-Schritt mit den Erwachsenen den im Leichen-Wagen aufgebahrten Toten zu begleiten.
Vom Fotografen vielleicht nicht beabsichtigt aber doch sehr gut eingefangen ist die Verbindung des Alten und Toten mit dem Jungen und dem Leben. Es ist beides zu sehen: Der bedeckte, getragene Tod und das nackte, fast spielerische Leben.
- Äh, ich hab der gesehn!
- Wer der Leichmann
- Ja, der Tot’n, Du Bekloppt'n.
- Un’?
- Bewech’ sich nicht’
- Kehr, warum?!
- Manno, iss doch’n Leichmann!
- Abber nacht’s kommp’ der aus’n Grab, wa?!
- Kla’ gleich zu Dich. Un' der holt'ich, da kannze für!"