25.05.2015 Der Bäcker backt das Brot der frühen Jahre .. und Akki verteilt den Apfelkuchen

Bäcker in Styrum Schützenstraße


Da steht er. Der Bäcker. Stolz vor seiner Backstube. Die Faust lässig an die Wand gelehnt, so als wolle er sie zur "Internationale" balIen. In Bäcker-Latschen. Mit junger Frau und Töchterchen. Früh musste er raus. Immer. Tagaus - tagein. Zwischen 3°° und 4°° Uhr. Abmessen. Wiegen. Kneten. Mehl. Wasser. Hefe. Sauerteig. Die Alchemie des Brotes. Den Teig in die Form bringen. Die Brote kerben, mit Zuckerwasser einpinseln, um die Kruste knuspriger zu backen ... und dann ab damit in den vorgeheizten Ofen. Genau an die Stellen, die zum Anbacken und dann Ausbacken geeignet waren. Eine flache Platte mit langem Stiel bewegte er geschickt durch die Luke im Backofen, um das Brot zu platzieren. Hitze schlug ihm entgegen. Schweiß auf der Stirn. Durst! "Hömma, iss' ja wie bei'n Stahlwerker!" Und er lächelt zufrieden, der Bäckermeister, wenn er denn endlich das Ergebnis seines frühmorgendlichen Handwerks betrachtete.

Mir ist das deswegen so nah, weil ich als kleiner Junge das alles hier in Oberhausen direkt miterleben durfte. Wir wohnten ab 1954 in der Lipperheidstr. Ecke Goethestr beim Bäcker Multhaupt. Die Backstube lag im Hof. Frühmorgens begleitete uns schon der warme, süßliche Brotgeruch in den beginnenden Tag. Die Brötchen - goldbraun - dampften in den geflochtenen, großen Körben vor der Backstube .... bis der Bäckerlehrling sie endlich in den Laden brachte.
Am frühen Nachmittag kamen die Kuchenbleche aus dem Ofen und kühlten in den Stellagen im Vorraum der Backstube ab. Apfel, Kirsch, Streusel ... wir Kinder wurden durch den köstlichen Kuchenduft vom Spielen weg gezogen hin in den Hof, wo uns der BäckerMeister Multhaupt wohlwollend & freundlich lächelnd, die vom warmen Kuchen abgetrennten Ränder gab. Wenn wir besonderes Glück hatten, war noch ein wenig vom kross gebackenen Obst dran. 
Wir waren selig. 1954 bis 1959 war das eben noch so. Kuchen- und Brotkruste konnte zu dieser Zeit Glück und Wohlbehagen bedeuten.  .... 
.... Dann wieder raus auf die Straße. Zu den flachen Löchern im Boden der Bürgersteige. Die Knicker aus den Hosentaschen oder dem ollen Socken, den Mudder uns gegeben hatte ... extra für'e Knickers ... und los gings mip'm Knickern der kleinen bunt eingefärbten Tonmurmeln. Dem, der den letzten Knicker erfolgreich versenkte, gehörten dann alle, die im "Loch" lagen. 
Und Akki ... Akki hatte wieder gewonnen ... aber er hatte noch etwas ... aus den Taschen seiner überdimensionierten Lederhose (er musste immer Klamotten seines 4 Jahre älteren Bruders auftragen) schaufelte Akki den völlig zermatschen Apfelkuchen, den er vom Kuchenblech geklaut hatte. Er sah sich als Robin Hood des Kuchens. Er klaute vom reichen Bäcker, um es unter uns arme Knickerspielern zu verteilen.

Und heute?!: 
Heute ist Bäcki & Instantkuchen ... und den Kindern fehlen Knicker, Phantasie, Hunger, die Straße, der Hof und so Freunde wie Akki einer war ... hart, manchmal brutal, stets seine Freunde schützend ... und letztlich beim Teilen von "Beute" immer gerecht