24.05.2015 Café-Kultur in Oberhausen ... Wo???

Café Marienplatz ca 1907
Früher zu meiner späten Novalis-Zeit hat's hier in Oberhausen noch eine ausgedehnte Café-Szene gegeben. Bauer, Wingen, Bistro, Belli, einige kleinere im innerstädtischen Bereich (Markstr./Elsässerstr) und in den Stadtteilen ... und natürlich "unser geliebtes Gymnasiasten-Tchibo" auf'e Marktstr, anne Elsässer, wo wir als Schüler zunächst für nur'nen Groschen einen Kaffee bekamen und dann etwas später für die Tasse 30 Pfennige zahlten. Und immer nett & freundlich, ja fast liebevoll von den Verkäuferinnen behandelt wurden .... eben fast ... wie schon Erwachsene.

In diesen Cafés trafen wir uns und führten "hochgeistige" Gespräche über Literatur und Philosophie. Versuchten zu schreiben wie Sartre, Beouvoir, Becket, Camus & Ionesco. Verfassten pubertär dramatisch unsere ersten "Dramen", "Romane" und "Kurzgeschichten". Und lasen sie uns mit Flüsterstimme im Café vor. Über Stunden bei nur einer Tasse Tee oder nur einer Tasse Kaffee ... zum Leidwesen von Inhaber und Bedienung. Geld hatten wir ja kaum. Aber Enthusiasmus.

Gerade Café Wingen (oder hieß es Winken??) gegenüber dem Novalis bot sich dazu an. Natürlich war es bei Strafe verboten als 15 oder 16jähriger dort mit qualmender Pfeife zu sitzen. Rauchen konnten wir dat Dingen eigentlich auch nich' richtich!! Schmeckte fürchterlich und vor allen Dingen, nicht so gut wie es roch. Musste abber sein!!!

Von einem Lehrer zufällig gesehen, folgte im Unterricht die Bestrafung. Warum wir bestraft wurden, wurde von uns erst gar nicht hinterfragt. Wir durften es einfach nicht. Und es war auch keine legitimierte Strafe, es war einfach so, dass - je nach Lehrer-Gusto - der im Café erwischte Schüler im Unterricht darunter zu leiden hatte. Das heißt, vom Studienrat schikaniert wurde. Die Mathe-Lehrer waren auch hierbei - wie meist - mal wieder die schlimmsten.

Heute gibt's als "wirkliches" und ein wenig traditionell gebliebenes Café nur noch Café Bauer. Dort hat sich noch ein ganz klein wenig vom Flair der 60er Jahre in die Gegenwart gerettet. Schüler, die sich ihre Geschichten wechselseitig vorlesen, habe ich dort nicht mehr gesehen. Ansonsten sitzt man heute zumeist in lieblosen Filialen der BilligBäcker. Und die, die dort jetzt ihre maschinelle Kaffee-Brühe schlürfen, philosophieren ganz sicher nicht; sie vegetieren, jedoch ohne unbedingt Vegetarier zu sein.

Ganz, ganz früher ging man zu Café Pötter am Marienplatz 6. Alles war nett ... lecker gebacken, lecker aufgebaut. Das Gebäck und der Kuchen im Schaufenster auf wunderschönen Etageren. Die Bediensteten - wie man sie damals noch nannte - stehen schürzenadrett am Eingang zum Café. Der Eigentümer akkurat mit Frau auf zwei Fenster verteilt (Geschlechtertrennung?), schaut stolz und wohlwollend von der ersten Etage in Erwartung zucker-mäuliger Kunden und Kuchenesser/innen auf die Straße. Davor ein solventer Bürger mit Fahrer. 
Café Idyllen von 1907 und 1963. In Bild und Einbildung. Das gibt's nicht mehr. Jedenfalls nicht hier in Oberhausen. Aber vielleicht ist das ja auch gut so ... oder?  

- Kumma, mit den Café iss' wie mit die SPDé?
- Hömma, wie meinze dat denn getz schon widder?
- Kehr, die SPD war gewes'n! Dann war'se! ... Un' getz' isse einfach nich' mehr! 
- Da vergeht mich glatt der Appetitt auf Sahneschnittch'n.
- Genau, heut kannze nur noch zu'n neuen Wollersheim geh'n.
- Wieso Wollersheim?! Dat iss' doch'n Bordeller?!
- Hömma, hasse nich' inne Zeitung geles'n: Straßenbeleuchtung wird dunkler, aber der Wollersheim macht in Oberhausen dat neue Rotlicht an.
- Da freu'se Dich abber, wat?!
- Sabber immer ... sabber mit Sahne .. da kannze sabber für, ey!!!