26.05.2015 Oberhausener Schneider-Handwerk um 1920 und Akki "sieht" TAKKO voraus ...

Schneider in der Marienstraße 


Da stehen sie alle. Oben auf dem ersten Bild. Und wie immer - auf den Fotos um diese Zeit - vor dem eigenen Laden. Der Schneider und seine Familie. Wie sagte man noch?! -  Mit fünf Kindern an der Zahl. Da muss so mancher Faden lustig ins Nadelöhr bugsiert worden sein. Aber wenn man sich das Bild genau ansieht, will sich einem gar nicht erschließen, wie das denn mit den Kindern so zusammen passt. Kann doch gar nicht sein, dat die Ulligen alle nur'n Jahr auseinander sind. Verflixt und zugeNÄHT, wie mag der Schneider dat gemacht haben? Wer ist der tüchtige Fritz (is' spitz) von allen? Fritz?? Ja, der Name scheint ja auf dem rechten Schaufenster zu lesen sein.
Nadeln, Nähring, Kopierrad, Knopflochzange, Pfriemen, Zentimetermaß, Schere, Kragenklotz und Bügeleisen. Da haben wir sie zusammen, die wesentlichen Schneiderwerkzeuge und die passen in der Anzahl wiederum zu den dargestellten Personen. Na wie dem auch sei ... so war's halt in der Schneiderei  ... und in dieser speziellen wurden zudem noch Pferdewetten & Herrenhemden & Kragen zur Reinigung angenommen. Geballtes Handwerk auf einem Fleck.

In der Nachkriegszeit hier in Oberhausen "schneiderten" unsere Mütter meist selbst. Sie strickten, häkelten und nähten; sie stopften, flickten & stickten. Und wir Kinder mussten es tragen und ertragen. 
Bei manchen sah's richtig gut aus ... bei den meisten weniger und aufgetragen wurde alles, was es so an Fetzen gab. Und immer vererbt vom älteren Kind auf das jüngere. 
Übel waren die Mädchen mit älteren Brüdern dran. Da wurd' dann schnell mal'n langes Hemd vom Bruder zum Schürzenkleid für die Schwester mit den obligatorisch kratzenden langen Strickstrümpfen drunter. "Mudder dat kratz' un' juck' so!!"

Ulli (eigentlich Ulrike), die als einzige von uns Jungs akzeptiert wurde, da sie mit auf'e Bäume kletterte und mit uns die Ruinen in der Straße durchstöberte und mit uns auf'n Bahndamm ging und sich mit uns kloppte und auch noch Fußball spielen konnte, hatte im Sommer unter dem langen verschossenen Hemd ihres 5 Jahre älteren Bruders, das zum Kleid umgearbeitet war, auch scho'ma gaaa nix an. Und wer hatte angeblich allet geseh'n? 
Akki natürlich: 
"Äh, ich hab bei die Ulli da unte'n allet gekuck', äh." Und dann rollte er die Augen und tat so als falle er in Ohnmacht. 
"Man sach' schon Akki, wie war dat?!?" - Aber Akki hatte an dem Tag seine 16 Dioptrin-Brille ma widder nich' richtich auf'e Nase, da sie bei der letzten Prügelei wieder zu Bruch gegangen war. 
"Ich erzähl', wenn ich von jeden fünf Knicker krich!" Wir sammelten, gaben Akki die Knicker und Akki sagte nur. "Schlimm, iss' allet kaputt, übberhaup nix für zu seh'n!"

Also, was Akki damals schon - nahezu blind - voraus gesehen haben musste, war irgendwie TAKKO. - Nämlich etwas, das so "fashionable" leer ist, dass es sich kaum jemand vorstellen kann, aber trotzdem ungeheuer schlimm ist ... oder eben gerade deswegen?!