03.07.2015 Oberhausen in den 50ern. Zelten im Garten und nur einmal berührt und schon passiert



Für uns war das früher im Sommer einfach ein Muss. Zelten au'm Hof oder im Garten … na ja 'n Garten in dem Sinne gab's eigentlich gar nicht. Ne buckelige Wiese war's mit drummerum Kletter-Mauers mit bröckelndem Mörtel und rostigen Eisenstangen und rankendem Gestrüpp und vielen Büschen, Brombeeeren, Johannisbeeren und Klee und Löwenzahn und all so'n Blumen- & Pflanzen-Kram. 
Und ne Teppichstange, an der wir Klimmzüge und Felgaufschwünge übten. Oder mit einem Bein über der Stange auf Oberschenkel sitzen, das andere lang runter gestreckt, um uns dann kopfüber zu stürzen, und zwar so heftig, dass wir mit Schwung wieder hoch ins Sitzen kamen.

… und nicht nur wir Jungs … auch die damals noch wirklich taffen & furchtlosen Mädchen in ihren verschlissenen Nachkriegs-Kleidern oder Röcken. Wir sahen ihnen zugleich mit Bewunderung und  typischer Jungens-Verachtung zu, wie sie - wie wir Dollemänners - um die Teppichstange kreisten … die Stange fast im Schritt, die blonden Haare wehten, schreien vor Lust, Angst & Begeisterung … und wir, Kaka, Helmut, Günni, Kläusken & Akki kicherten verhohlen, wenn den Mädchen dabei unterm Rock die SchlabberUnnerbüchs verrutschte, sodass wir fest der Überzeugung waren ES gesehen zu haben: "Äh, hasse geseh'n?! - "Ja, habb'ich, abber die ha'm da gar nix! Klar, deswegens müssen die bei'n Pullern in den Gebüsch auch immer so blöd rumsitzen!"

Wir spannten 'ne Wäsche-Leine zwischen zwischen die Pfosten der Teppichstange. Warfen 'ne alte muffige Decke drübber, die Kaka bei sein Mudder aus'n Keller geklaut hatte. Klemmten die den Fetzen Stoff oben mit Holzklammern an der Leine fest, zogen die Seiten unten auseinander und legten Steine drauf: Zelt feddich!!
Dann wurde eingerichtet mit allerlei Rümpelszeugs, das im Hof noch aus'n Kriech' lag. Wir saßen auf den zusammengesuchten, bröselnden Ziegelsteinen aus den Ruinen, die damals noch in der Goethe- & Lipperheidstraße standen, taten so als rauchten wir und erzählten uns schaurige Geschichten von Toten und Halbtoten und Gespenstern. Und im Sommer - der aus heutiger nostalgischer Sicht immer so heiß war, wie er gerade zurzeit ist - durften wir nach'm Abendessen noch'ma'n bissken raus ins Dämmerlicht unseres Zeltes. Sommerzeit gab'et GottSeiDank noch nich'!

Von den Mädchen kam abends meist nur Ulli. Ihr Vadder war schon auf'e Schicht und ihr Mudder saß anne Nähmaschine und flickte für kleines Geld die abgetragenen Sachen der Nachbarn, die nicht so geschickt waren & vor allen Dingen keine Machine hatten.

Da saßen wir also: 
… und Akki und Ulli glotzte'n sich im Dunkeln immer & immer mehr an und Akki fragte Ulli
"Daa'f'ich'ma Dein kuck'n?" Ulli überlegte kurz: "Nur wenn die anneren Blödmänners aus den Zelt rausgeh'n!" - "Raus!" schrie Akki und wir gingen vors Zelt, denn keiner wollte 'n blaues Auge oder Tritte riskieren. 
Bissken später kam erst kam Ulli raus und sagte: "Ich muss getz nach zu Haus zu mein Mudder." Sie lief auch gleich los. Dann kam auch Akki raus.
- "Un', sach' schnell, hasse geseh'n?" Akki nickte stumm: "Un' berührt hatt'se mich auch gelass'n!"
- "Kehr, bisse beklopp, Akki", zischelte Kaka, "die Ulli krich' getz'n Kint von Dich!" 
- Und Helmut, der drei ältere Schwestern hatte, eine davon schon mit einen unehrlich'n Kint, meinte: "Kaka, hat Rech'. Mein Schwester hat ihr'n Winz auch von nur ei'mal anpack'n in ihr'n Bauch gekrich!" 
- "Dann brenn'ich mit die Ulli durch!"
"Un' wo willze hin?", fragte der klein Kläusken. 
- Akki starrte in den Schatten der verrotteten Hof-Mauer: "Villeich bis hinter den Lirich …. abber villeich sogaa' bis gaanz weit nach den Dümpten inne Kapaate'n!"
- "Abber wennze Glück hass' stürz die Ulli sich villeich' vonne Henkelmannsbrücke, wie die bekloppte Erna letzens, weiß'e, die au?e Brücktor!" ... sacht'e noch klein Kläusken, als wir alle in einer Reihe standen und die olle Mauer anpullerten.