KleinKläusken; Lederhosen & Henkelmann & Bauarbeiter mit Speisvogel |
Früher in den Fünfzigern ging's meist noch in kurzer Hose, oft 'ner Lederhose mit Latz, auf dem ein Edelweiß-Emblem geheftet war, kurzen mehrfach gestopften Kniestrümpfen und abgetragenen Halbschuhen (kackbraun) an den Füßen morgens in die Volksschule. Auf die Kleidung haben wir damals kaum geachtet (Markenfetischismus gab'et noch nich'), nur wenn etwas ganz, ganz neu war, wurde das sorgfältig gehütet, damit et zu Hause keine "Mutter petzt bei Vatter"- Ohrlaschen gab.
Klein-Kläusken hatte neue Schuhe. Rüters-Schuhe (bissken lokale 'Edel-Treter'): "Von den Rüters auf'e Maa'rkstraße", sagte Klein-Kläusken und zeigte die neuen Schuhe voller Stolz von allen Seiten, wobei er sich fas'dat Knie verrenkte. … "Un kumma, die ha'm 'ne ganz dicke Sohle mit ein' Pofiel für Bergsteigers!" Klein-Kläusken hätte nicht so angeben sollen. Abber wemma scho'ma wat Neuet hatte, wollte man'et auch sagen.
Akki meinte: "Mit den Pofiel dat iss' klasse, kannze mich ma leih'n, für um der Dicken-Helmut besser im Arsch tret'n zu könn'!" Alle lachten … nur der große Dicke-Helmut nicht. Wir hatten alle Spille-Beine, Helmut hatte kräftige MetzgerBeine. Wir waren so um die 1,25m; Helmut 'n Kopp größer.
Am nächsten Morgen traf der Dicke-Helmut 'zufällich' der Klein-Kläusken auf'm Schulweg: "Schön Rütersschuh hasse da!" - Klein-Kläusken versuchte extra große Schritte zu machen, um zu zeigen, dass er mit den Schuhen noch besser laufen konnte. Er ging auch'n bissken auf Zehenspitzen, für zu'n größer sein. Der Dicke-Helmut fragte den Klein-Kläusken:
- "Kannze mitti neu Rütersschuh auch besser spring'? -
- "Klar" -
- "Dann spring mich ma' immer hinter mich her. Wennze dat schaff's, mein ich, mit Dein neu Rütersschuh!?"
- "Mit den Pofiel schaff'ich allet!!" ...
... meinte Klein-Kläusken voller Überzeugung.
Auf der Liebknechtstraße (unser Schulweg zur Falkensteinschule) wurde gebaut. Wiederaufbau nach'm Krieg. Damals rührte man den Speis (Mörtel) noch in großen viereckigen Speiswannen an, und die Maurer trugen den Mörtel dann in sogenannten Speisvögeln auf der Schulter in die einzelnen Stockwerke der Neubauten. Schwerstarbeit.
Auf der Liebknechtstraße (unser Schulweg zur Falkensteinschule) wurde gebaut. Wiederaufbau nach'm Krieg. Damals rührte man den Speis (Mörtel) noch in großen viereckigen Speiswannen an, und die Maurer trugen den Mörtel dann in sogenannten Speisvögeln auf der Schulter in die einzelnen Stockwerke der Neubauten. Schwerstarbeit.
Der Dicke Helmut hatte sich genau diesen Weg über die Baustellen ausgedacht … er sprang von Bohle zu Bohle, von Kübel zu Kübel und Klein Kläusken mühte sich hinterher zu springen. Dann gings über die große Speiswanne. Der Dicke Helmut kam drübber, aber Klein Kläusken sprang mitten rein … versank bis zu den dürren kleinen Knien in der zähen Speispampe und kam nicht mehr raus. Er mühte sich, weinte und schrie … bis einer der Maurer ihn aus der Wanne zog. Doch die neuen RütersSchuhe, die damals meist 2 Nummern größer gekauft wurden (sollten ja ne Weile halten) blieben mitsamt den Socken tief unten im Speis verschwunden.
Wir saßen schon im Klassenzimmer und wunderten uns, dass der Dicke-Helmut beständig bis über beide Ohren grinste. "Hasse der Klein-Kläusken geseh'n?", fragte Akki ihn. "Nä!", lachte der Dicke-Helmut frech. Dann öffnete sich die Türe und Klein-Kläusken stand fürchterlich heulend mit nackten, dünnen Mörtelbeinchen und -Füßen im Klassenzimmer und erzählte unter heftigem Schluchzen, was passiert war …
Dann erschien der Lehrer Hartung (streng!!) und wir waren alle sofort ruhig. Er sah Klein-Kläusken barfuß in seiner Bank sitzen, fragte aber nicht groß nach, sondern schickte ihn gleich nach Hause.
Klein-Kläusken kam nachmittags nicht zum Spielen. Er hatte tüchtig Senge und Stubenarrest bekommen, weil Schuhe und Stümpfe wech war'n. Abber der Dicke-Helmut kam. Wie immer. Und er grinste auch noch so frech wie am Morgen!
Akki sagte zu ihm: " Dicken, zeich mich ma die Stelle, wo dat mit den Klein Kläusken war?" Dem Dicken-Helmut wurd schon ganz mulmig, abber Akki war stark; Gegenwehr zwecklos. Wir gingen alle zur Baustelle. Es war schon gegen Abend. Die Bauarbeiter waren weg. "Zieh Dein Lederbuchs aus!", raunzte Akki den Dicken-Helmut an. Der Dicke zog die Hose aus und Akki versenkte sie mit 'ner Dachlatte tief im SpeisKübel. Der Dicke heulte … wir ließen ihn steh'n und gingen nach Haus.
Am nächsten Morgen stand der Dicke Helmut in der roten, geblümten, riesigen, bollerigen, weiten Mädchen-Spielhose seiner 3 Jahre jüngeren Schwester auf'm Schulhof. Seine Mutter war unerbittlich. Er musste die Spielhose seiner Schwester noch bis Mitte Herbst tragen ... und Klein-Kläusken seine alten, zu kleinen ausgelatschten Schuhe ohne Pofiel abber mitti Löchers an Zeh.