14.06.2015 Ommas klein Häusken in Alstaden. Die Sammeltassen .... und alle Kinners ab ... inne Zink-Badewanne.

Iss' nich' mein Omma, abber der Her sah so aus...
(Heute wieder eine Geschichte von Beate Wagner, in der sich zeigt (nicht in Beate sondern in der Geschichte), dass es oft die kleinen Dinge sind, ... die früheren Lebensgewohnheiten und vor allem die Ommas sind, die den Kindern das Leben so sehr versüßten, dass man/frau sich auch im Alter noch gerne daran zurück erinnert. Und die Kinder, die gute Ommas & Oppas erfahren haben, werden später oft selbst wieder gute Ommas und Oppas ...) ... aber lest selbst: 

Meine Omma wohnte in einem kleinen Zechenhäuschen. Vorne raus war ein kleiner Vorgarten mit ein paar Blümchen, drei Rosensträuchern und am Rand des kleinen Gartens ringsum Tagetes. Omma sagte immer "Stinkerlieschen" dazu. 
Dann kamen drei Stufen, die zur Haustür hoch führten. Diese drei Stufen waren eigentlich sowas wie Ommas Veranda. Da saß sie immer abends, genau wie all ihre Nachbarn auch. Und immer mit einem Kissen unterm Poppes, weil es sonst so kalt war am Steiß und so. Gelegentlich klönte sie dann mit Nachbarn, die vorbeikamen. Wir Kinder spielten auf der Straße und die Erwachsenen saßen auf der Stufenveranda und quatschten: Übers Wetter, über die Kohlenpreise und über die Blattläuse an den Rosen. 
Wenn man das Häuschen betrat, stand man zunächst in einem kleinen Flur. Von dort aus ging die Treppe nach oben. Links lag die Gute Stube. Die Tür zu diesem Zimmer wurde aber nur an Feiertagen geöffnet. Da gab es auch ein Sofa und einen Sessel mit Fußhocker. Wenn Omma Geburtstag hatte, durften wir da Kaffee trinken. Dann holte Omma die herrlichen Sammeltassen aus der Vitrine und stellte sie auf den Tisch. Jeder hatte eine andere. So schöne mit Blümskes und Goldrand. Das war Ommas bestes Geschirr. 
Es gab immer Streuselkuchen und Erdbeerboden mit Sahne. Die riesige Kaffeekanne thronte in der Mitte des Tisches. Natürlich mit Mütze zum Warmhalten. Wir Kinder bekamen Kakao. Nach dem Kaffee gab es einen Aufgesetzten für die Erwachsenen und Omma sachte dann in'ne Runde: "So, ich glaub die Blagens könnt'er getz ma zum Spielen schicken!" 
Es war ihr nämlich langsam zu laut geworden. Wir waren ja meistens zu acht. Da ging's schon mal heiß und eben auch laut her… Wir durften erst wiederkommen, wenn's Kartoffelsalat und Würstchen gab. Für die Erwachsenen wurde dann wieder in der Guten Stube gedeckt. Wir Kinder aber saßen in dem Alltags-Zimmer, in dem es kein Sofa gab, nur einen Tisch mit Stühlen. Diese Stube war eigentlich das meist genutzte Zimmer im Haus. Wenn man sich bei Omma traf, dann immer in der Stube
Hinter der Stube ging es dann zwei Stufen runter zur Küche. Die war ziemlich klein. Dort gab es einen Spülstein. Und genau in diesem Spülstein wurden auch immer die Jüngsten der Familie gebadet. Und ein riesiger schöner großer Kohleherd stand an der Wand mit dem dazu gehörigen krummen Ofenrohr. 

Bei meinen Eltern zu Hause wurde allerdings schon elektrisch gekocht. Längst nicht so schön wie bei Omma ... Und die Omma konnt kochen, sag ich Euch: LECKER! Besonders Himmel und Erde mit gebratener Blutwurst. Oder Ommas berühmtes Endivien-Durcheinander! 

Hinter der Küche gab es dann noch die Waschküche, wo der Kessel angeheizt wurde, damit auch die Größeren von uns baden konnten. Natürlich nur samstags und natürlich in einer großen stumpfen Zinkwanne. Und immer schön einer nach dem andern. Zwischendurch wurd immer bissken heißet Wasser nachgegossen, bis wir endlich alle sauber waren. 
Von der Waschküche aus kam man auch aufs Klo. Omma sachte immer noch "aufs Häuschen" obwohl sie nicht mehr raus musste, um zu müssen. Aber wenn man hinten aus der Waschküche raus ging, dann war man in Ommas Garten. Da gab es keine Wiese, oder schön angelegte Blumenbeete, da gab es einen Kirschbaum, Beerensträucher, Erdbeeren, Rhabarber, Kartoffeln, Salat, Erbsen Bohnen, Kohlrabi, ein Paar Kräuter für die Küche oder zum Tee kochen. 
Omma hatte für jedes Zipperlein den passenden Tee parat und zwischen drin immer wieder Blumen, Margareten, Astern, Dahlien, und…und…und. Ommas Häuschen war für mich das Paradies. 

Meine Schulfreunde machten mit ihren Familien Urlaub in Italien oder auf Mallorca, ich war bei Omma! Hab' nie was vermisst, bis heute … ?!? …., denn heute vermisse ich wirklich etwas, nämlich ganz sehnsuchtsvoll: Mein Omma und ihr klein Häusken!