Friedhof Alstaden |
Friedhof Alstaden |
Wie alles begann:
Ich komme ja nun fast täglich auf dem Weg zu meinem Vater, der in der Behrensstraße wohnt, über den Alstadener Friedhof. Wenn ich das will. Aber schon als Kind bin ich gerne mit einem leichten aber schauerwonnigen Grusel in Herz und Magengegend über den Marienfriedhof gegangen.
Aber natürlich nur tagsüber im Hellen!! Meist auf dem Weg zu meinem Schulfreund, der in der Brücktorstraße wohnte. Oder morgens als Abkürzung auf dem Weg zur Lipperschule. Ich glaube so hieß die Volksschule damals noch. Doch das um den Marienfriedhof herum ist eine andere Geschichte. Und wir sind ja hier auf dem Alstadener Friedhof und es geht nun darum, wie ich überhaupt Zugang zu den Geistern dort fand.
Zunächst war das hier wie mit jedem anderen Spaziergang über irgendeinen beliebig anderen Friedhof auch. Ich sah mir die Gräber an und verglich die Namen auf den Gräbern mit denen, die ich noch von früher aus OB im Gedächtnis hatte. Konnte jedoch niemanden von in diesen Namen auf den Grabsteinen wieder erkennen.
Nur ein Grabstein fiel mir plötzlich besonders ins Auge. Auf ihm war nichts weiter als ein sorgfältig gemeißeltes FAUST zu lesen. Goethes FAUST hier auf dem Alstadener Friedhof? Unwahrscheinlich aber offensichtlich wahr. EINE SENSATION!!!
Ich fotografierte noch ein Weilchen herum. Das Unbehagen löste sich langsam in Behagen auf. Ich schlenderte weiter über den Friedhof zu meinem Vater.
Unterricht am Tablet: "Vatti, du musst da oben hin klicken!": "Tu ich ja Jung, abber der Hoeneß geht da nich' weg!" Na ja, dachte ich, man kriegt ihn eben einfach nicht so leicht von der Bildfläche. Den Hoeneß meine ich natürlich, nicht meinen Vatter!
Auf dem Rückweg war's dann schon ziemlich duster, und trotzdem nahm ich die Abkürzung über den Friedhof. Und wie man das aus Krimis und Gruselgeschichten so kennt, brach natürlich das Mondlicht immer eimal wieder durch die dichte Wolkendecke und zeichnete bizarre Lichtstreifen quer auf & über den Friedhof.
Beim Faustgrab wieder angekommen, bemerkte ich ein leichtes Vibrieren, das sich aus der Tiefe des Erdbodens kommend auf meinen Körper übertrug. Ein bisschen mulmig wurde mir schon, und ich versuchte dieses unbehagliche Gefühl in den Griff zu bekommen, indem ich beherzt aussprach: "Mein Güte HG, bist Du denn jetzt von allen guten Geistern verlassen, reiß dich mal zusammen und nimm das hier als das, was es ist. Nämlich als ein Grab, in dem eine Leiche liegt, von der jetzt sicherlich nur noch der Name FAUST übrig ist."
Vielleicht hätte ich in meinem MutMachSatz nicht "von allen guten Geister" sprechen sollen, denn gerade als ich meinen Weg durch die Dunkelheit nach Hause fortsetzen wollte, sah ich .... ein erstes ..... grünes .... Flämmchen .... direkt vor mir über dem Rand des FAUST-Grabsteins schweben und rhythmisch flackern.
Irgendwie schien mir dies Flackern so eine Art der Kontaktaufnahme zu sein .... Ich wartete ein bisschen ... und plötzlich verstand ich, was mir dieses grüne Flämmchen sagen wollte. Ich verstand auf einen Schlag eine vollkommen fremde Sprache ... eine Geistersprache & ich hörte, wie das Flämmchen zu mir sagte, dass ich ab jetzt, die Geister dieses Friedhofs würde hören, sehen & verstehen können.
Ich konnt's nicht glauben, doch sah ich plötzlich, dass auf vielen der anderen Grabsteine an den Rändern ebenfalls diese kleinen Flämmchen in unterschiedlichen Farben flackerten und tanzten; und ich hörte ein ganz feines aber intensives Stimmengewirr – so wie Bienensummen an einem schönen Sommertag über'm Apfelkuchen.
Doch dann drang – etwas lauter - folgendes Gespräch aus dem Dunkel an meine Ohren:
- Hömma, kennze der bekloppt'n Lebendigen da?
- Ja, kenn'ich.
- Woher?
- Der Arsch hat letzens beim Fotografieren auf meinem Grab gestanden. Genau auf meine Füße!! Die Lebendigen kennen einfach keine Pität mehr.
- Pietät, dat heißt Pi-e-tät mit 'e' inne Mitte!
- Is' mich doch scheißegal - außerdem ist dat "e" gar nich' genau in'ne Mitte, sondern weiter vorne. Sooooo blöd, wie Du mich immer mach's, bin ich auch widder nich'! Schließlich bin ich genau wie Du 'n geistreichen Geist.
- Ja, dann kann der lebendigen Schiffschaukelbremser Dir ja auch nich' auf'e Füße gestanden haben.
- Wieso? Hatta abba!!
- WEIL - DU - ALZ - EIN - GEIST - GAR - KEINE - FÜSSE - MEHR - HASS'! Du ollen Schwachstromelektriker!
- HAB ICH ABBA WOHL! ... ICH hab ganz kleine süße Phantomfüße.
- Quatsch! Gibbet nich!!
- Kennze dat denn nich? Is' wie einer, der 'n appes Bein hat und dem dann der Fuß höllisch jucken tut. Genau so'ne Füße hab ich. Und da stand der Pitätlosen mit seine Latschen drauf.
- Wenn der grünen FAUST hört, dat Du widder so'n Blödsinn verzapf's, dann kommandiert der Dich mit dein kalten blauen Licht in'nen Autoscheinwerfer von'ne Nachstreife von'ne Polente als Abblendlicht, da kannze dann durch ganz OB leuchten bis zum geht nich' mehr.
...................................
- Abber wat anderes! Wat is denn getz mit den Lebendigen da, wat red der FAUST mit dem?
- Woher soll'ich dat wissen, ich kann der FAUST kaum verstehn, der nuschelt mit seine arregante, grüne Flamme immer so.
- Ach getz hör'ich'et. Der fragt grad, wat besser is. Feuerbestattung oder in'ne Kiste unter'e Erde?
- ICH sach: Ganz kla! Feuerbestattung! Is meine Meinunk!!
- Warum?
- Da wir'ße noch ma schön warm an Anfang von Totsein. Dann kommp so'n BestattungsMöppes un' feech' dich schön zu'n klein Häufken zusammen. Dann kommse in so'n schön Dösken. Und da in den Dösken kannze schön drin wohnen. Hass nich ständich so'ne feuchte Bude, wie die in'ne Kiste ... ja, un' Asche has'se natürlich auch genuch!
- Warm is gut, Kehr ... richtich heiß wir'ße bein Verbrennen!
- Ja, is doch töff, besonn'ers für Frauens. Noch ma' richtich heiß und dann app in'ne Vase un' bei'n Geliebte'n auf'e Nachtskonsole.
- Getz hör'ma endlich auf mit deine ewige schmutzige Gedanken.
- Dat mit die Gedankens kommt von Flaßhof, da war ich doch als Lebendigen immer mit'te Putzkolonne. ... Abber hömma?! Et iss' doch so! Kumma genau hin. Alle neue Flämmchen da vorne, die so'n bisken rötlich flackern, dat sind allet Frauens auß'e Feuerbestattung.
- Meinze?
- Abber immer! Kumma, die Sparflamme da hinten, die andauernd so nervös blassrosa flimmert wie'n verhungertet Glühwürmchen. Die, die da fast an Ausgeh'n ist. Genau die is auß'e normale Erdbestattung. Da hab ich'n geistiget Auge für, versteh'se?
- Kennze die denn.
- Nur ziemlich weingeistich flüchtich. Abber die is ers' 'ne Woche hier und hat sich'n ziemlich starken Schnuppen in ihre feuchte ErdKiste geholt. Der läuf der Flammenschmodder manchmal so runter, dat der sogar schon zweima' die ganze Flamme ganz ausgegangen is'! Un' dafür hat'se von den FAUST Stubenarress in ihre Kiste bekommen! .... Nä, da kannze sagen wat'te willz ... ich sach immer "Feuer macht die Geistin mucker und der Geist ganz ungeheuer ...
- Hör' auf ... sach'et nich!! ... Abber da is' wat dran?! Ich glaup auch, Feuer is' besser. Besonders für'e Ewichkeit! ... denn mit so'n SchlabberKöarpa möcht'ich nich' aufersteh'n!! Du, ich bin dann ma' wech. Hab Arbeit. Bin ja nich' mehr auf Hartz Geist!
- Wo musse denn?
- Hab heute Nacht Dienst im Kaminfeuer von der Lümmel da auf'e Daimler.
- Kehr der, der immer die heißen Lutschen nach Haus abschlepp?
- Genau der!
- Hass' Du et gut. Kannze wenigsten schön wat zukucken.
- Will ich abba nich - du weiß doch dat ich als Lebendigen ma Priester werd'n wollte.
- Tja, du arme Socke ... Hätt mich nich passieren können.
- ICH will so'wat nich seh'n. Und darum mach'ich nach'ne Weile immer meine Flamme in den Kamin bei den geilen Lümmel aus. Dann wird'et kalt, un' der verzieht sich mit seine Lutsche inn'et Schlafzimmer.
- Ja, dann tschüss bis Morgen umme gleiche Zeit. Ich geh noch'ma bei die TriefNasenFlamme vorbei, bisken trösten. Die hat immer noch Sehnsucht nach'e Lebendigen.
- Aber tröste keuch, mein Sohn.
- Kla' ich schwöre bei MelissenGeist, ich geh die nich an'ne sünd-thetikFlamme! Versprochen!
Ganz langsam verloschen all die Flammen, bis der Alstadener Friedhof in tiefe Dunkelheit versank. Und ich dachte, das musst du unbedingt in der Gruppe: "Du weißt, dass Du in Oberhausen bist, wenn Du den Geist in der Flasche hast und die Feuerbestattung auf dem Alstadener Friedhof anstrebst.