30.03.2015 Eine Katastrophe auf dem Alstadener Friedhof wendet sich zum Guten …

Eingangstüre zum Kolumbarium auf dem Alstadener Friedhof
(Bild: HG. Everhartz)


Heute wieder eine der oft doch sehr anrührenden & berührenden Geschichten aus der Kindheit unserer Co-Autorin Beate Wagner. In dieser kleinen Erzählung zeigt sich, dass letztendlich das Schicksal durch zusätzliche Fügung gewendet wird. Solche Wendepunkt im eigenen Schicksalsverlauf wünschen wir uns sicherlich auch für unser ErwachsenenLeben. Aber jede Katastrophe - so beinhaltet es schon der Begriff - bedeutet auch eine Wende ... und manchmal eben, Gott sei Dank, auch zum Guten.

"Zwei kleine Mädchen auf dem Weg von der Ruhrschule nach Hause. Die eine war ich. Die andere meine Freundin Jutta. Jutta war das exotischste Kind in unserer Klasse. Zum einen, weil sie aus einer gemischt ethnischen Beziehung war: Ihr Papa war Türke, ihre Mutter Deutsche, zum anderen, weil ihre Mama verstorben war. 
Die Mutter war auf dem Alstadener Friedhof beerdigt, und an diesem Friedhof kamen wir auf dem Heimweg von der Schule immer vorbei. Wir sind jeden Tag zum Grab von Juttas Mama gegangen und haben ihr all das erzählt, was wir in der Schule erlebt hatten
Jeden Samstag wollten wir ihr auch Blumen hinstellen, aber wovon … ? … Wovon sollten wir sie bezahlen? Manchmal bekamen wir bei Blumen Marissen ein paar fast schon welke Blumen geschenkt. Leider jedoch nicht jede Woche. Also sind wir gemütlich über den Friedhof geschlendert und haben aus jedem Strauß auf den anderen Gräbern eine Blume geklaut. 
Wunderschöne Sträuße haben wir nun immer in der Mitte aufs Grab gestellt. Doch dann das Drama! Wir wurden erwischt! Uui, das gab Ärger! Die ältere Dame, die uns wohl beim "Blumenpfücken" beobachtet hatte, hat uns erst auf dem Friedhof rund gemacht und uns anschließend auch noch nach Hause gebracht, um sich bei unseren Eltern zu beschweren. 
Das gab dann natürlich noch einmal heftigen Ärger und zur Strafe mussten wir nachmittags bei der Dame zu Hause antanzen, um ihr im Garten zu helfen. Das heißt, wir durften Johannisbeeren pflücken und aus den Früchten mit ihr einen Kuchen backen und …. essen durften wir den sogar auch noch! 

Nach diesem Tag hat die alte Dame jeden Samstag am Eingang des Friedhofs auf uns gewartet, und zwar mit Blumen für Juttas Mama..... bis sie dann leider irgendwann nicht mehr kam. 
Und Jutta?!? - Jutta kam auch irgendwann nicht mehr. Sie war weg gezogen und ich hab nie wieder etwas von ihr gehört. "Aber Jutta..... DU .... ich habe Deiner Mama noch ab und zu Gänseblümchen und Löwenzahn gebracht und ich habe ihr auch immer erzählt, wie es in der Schule war!'"